Königspudel im Minimalhouse

Der Bremer Dennis Busch produziert mit seinem kleinen Label „Esel“ elektronische Musik für Freunde des Verqueren

Reden wir doch mal über elektronische Musik. Über das junge Elektronik-Label „Esel“ zum Beispiel und über seinen Betreiber, den dreißigjährigen Bremer Dennis Busch.

Vor ein paar Jahren noch trug Dennis Busch Beatleboots und einen Pilzkopf. Er spielte in einer 60s Band, war eng mit der ansässigen Social-Beat-Szene verbandelt und hatte einen kleinen Underground-Poetry-Verlag namens „infiltriert“. Er sagt, er müsse einfach etwas rausbringen, er könne nicht anders. Und nennt diesen Drang narzisstisch. Was immer auch der tiefere Grund seiner materiellen Mitteilsamkeit sein mag, seit Juli 2000 hat sie einen neuen, nicht minder interessanten Ausdruck gefunden.

Als James DIN A 4 ist Busch neben Hausmeister, Tobias May und Caulfield einer von vier Bremer Produzenten, die Esel regelmäßig Beiträge liefern. Und obwohl der Verdacht nahe liegt, hält er sich nicht für einen Lokalpatrioten. Er findet es „einfach nett, mit Leuten, die man mag, etwas auf Stadtebene zu machen“. Zumal ja gerade Bremen elektronisch eher für Stillstand denn für produktive Bewegung steht.

Übrigens hat der Name des Labels nichts mit den Bremer Stadtmusikanten zu tun, obwohl die ausgefuchste Fantasie einiger Journalisten eben dieses Vierergespann gern als Namensgrundlage herbeiassoziierte. Busch weiß nicht mal, ob hinter dem Begriff Esel überhaupt ein Tier steckt.

Konkret verdankt sich die Existenz des Labels der zielgerichteten Ungeduld und einer klugen Antifrustationstaktik ihres Urhebers: Nach vier Monaten des Herumschraubens an seinem Yamaha RY 30 fand er, es sei langsam an der Zeit für eine erste Veröffentlichung. Doch hatte er nicht die geringste Lust auf eine längere Werbetour bei renommierten Labels. Nur wenig später lag die erste eigene Esel-10-inch „Funky As A Fuck“ in einer Miniauflage von 200 Stück in den Verkaufsregalen.

„Typisch Esel“ nennt Busch „das Verquere und Verspielte der meisten Tracks sowie ihre Intensität“. Tatsächlich haben Eselproduktionen etwas von einer detailreichen Shortstory: Selten düster, dafür aber häufig sehnsuchtsvoll-melancholisch, erzählen sie Geschichten in Bildern einer warmen, bisweilen skurrilen Pophaftigkeit.

Ansonsten aber könnten sie unterschiedlicher kaum sein: Während Hausmeister an einer eigenen seelenvollen Indietronics- Variante bastelt, grätscht May in 4/4teln, mit Spaß an Clicks und allerlei Verzerrungsexperimenten quer dazu ins Bild. Caulfield zielt als einziger Esel-Act mittels deeper Minimalhouse-Tracks wirklich auf den Tänzer im Körper.

Und schließlich sind da noch Busch‘ bzw. James DIN A4s eigene Produktionen wie das gerade erschienene Album „Traumjob Frührentner“ – bedingt floortaugliche, oft detroitinspirierte Antihouse-Perlen, die sich zwischen der Albernheit eines Rudels Königspudel und der Traurigkeit des Alls weder entscheiden können noch sollen.

Michael Saager