„Bei uns eher so das Unterhaltende“

Birgit Pietsch ist Buchhändlerin in Bad Oeynhausen und veranstaltet mit Erfolg so genannte Bücherpartys

taz: Frau Pietsch, Sie veranstalten Bücherpartys. Denkt man da nicht an …

Birgit Pietsch: … ja. Ich war bei der Bezeichnung auch erst skeptisch. Es gibt da natürlich die Parallele zur Tupperparty, zur Kerzenparty, zur Dessous-Party. Aber Bücherparty drückt am besten aus, was die Leute an so einem Abend erwartet.

Was denn?

Jemand lädt ein und sorgt dafür, dass man nett zusammensitzen kann. Ich komme dann dazu und stelle der Runde etwa fünfzehn Neuerscheinungen vor.

Aber Bücher kann man sich doch auch im Laden empfehlen lassen?

Es ist eine viel intimere, viel persönlichere Atmosphäre. Man trinkt gemütlich einen Tee oder ein Glas Wein, unterhält sich und kann zwischendurch Fragen stellen.

Ein Buch vorstellen, während gerade jemand Gebäck in den Tee tunkt – stört Sie das nicht?

Bis jetzt nicht. Ich sitze ja nicht vor Leuten, die Plastikschüsseln kaufen wollen. Wer nicht gerne liest, geht auch nicht zu einer Bücherparty.

Erreichen Sie auf diese Art Menschen, die sich ansonsten nicht in Ihre Buchhandlung trauen?

Mittlerweile schon. Am Anfang waren es tatsächlich Stammkundinnen. Die luden dann Freundinnen ein, und so zog die Idee immer weitere Kreise. Im letzten Jahr wurde dann die regionale Presse aufmerksam. Dadurch brummt es jetzt richtig.

Kundinnen? Freundinnen? Sind das nur Frauen?

Zu 99,9 Prozent.

Haben Männer Angst vor Büchern?

Nein. Ich glaube nur, dass Männer nicht eineinhalb Stunden darüber reden wollen, warum sie ein Buch lesen wollen und ein anderes nicht.

Dürfen Sie das überhaupt – Bücher außerhalb des Ladens verkaufen?

Ich mache das im Namen der Buchhandlung. Das ist eine kostenlose Beratung. Ich verkaufe an so einem Abend nichts, sondern lasse nur eine Bestellliste herumgehen.

Am nächsten Tag kann man sich das dann bei Ihnen im Laden abholen?

Ja, oder wir schicken es per Rechnung zu.

Immerhin bekommen Sie eine Provision. Was machen Sie denn, wenn die Leute in eine andere Buchhandlung gehen?

Das ist dann mein Beitrag zur Imagepflege des deutschen Buchhandels.

Sehr lobenswert. Was wird denn auf den Partys am meisten nachgefragt?

Bei uns in der Gegend ist es eher so das Unterhaltende.

Ja?

„Casa Rossa“ zum Beispiel von Francesca Marciano. Oder „Kleine Schwester“ von Martina Borger und Maria Elisabeth Straub. Was sehr gut läuft, ist Katy Gardners Debüt „Die fremde Freundin“.

Woran orientieren sich Ihre Kunden denn? An Rezensionen? Bestsellerlisten?

Wir Buchhändler haben es schon in der Hand, die Auswahl zu steuern. Katy Gardner zum Beispiel verkauft sich bei uns großartig. Und die habe ich noch auf keiner Bestsellerliste gesehen.

Klingt doch gut – und dabei reden alle von der Krise der Branche!

Die bemerken wir bei uns auch. Ein Kollege in der Nachbarschaft, auch ein alteingesessener Buchhändler, musste gerade schließen. Es ist sicherlich nicht ganz so schlimm wie in Berlin – wir haben eben keinen Dussmann vor der Tür. Aber wir müssen trotzdem ungeheuer viel dafür tun, dass es läuft. Wer betriebswirtschaftlich denkt, würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Wir machen aufwändige Schaufensterdekorationen, gehen regelmäßig auf Fortbildung, fahren zur Messe und beteiligen uns an vielen innerstädtischen Aktionen …

und Bücherpartys. Noch eine Frage zum Geschäft: Früher hieß es immer, dass es im Bereich Ratgeber eine enorme Nachfrage gab.

Das ist gelaufen. Die Börsenratgeber sind auf dem absteigenden Ast, genau wie die Titel zur Lebenshilfe. „Wie stärke ich mein Selbstbewusstsein?“ und so’n Gedöns kauft einfach keiner mehr.

Woran liegt das?

Ich glaube, es gibt da einfach nichts Neues mehr. Man weiß jetzt alles über Zitronengras oder über …

Eigenurin?

Ja.

Womit verdienen Sie also richtig Geld?

Mit Dieter Bohlen.

Ach, so?

Aber bald kommt der neue Mankell. Dann ändert sich das.

INTERVIEW: KOLJA MENSING