Deutschland ist nicht mehr auf Sendung

Europa bastelt an digitalem Polizeifunk – nur Deutschland hat kein Geld. Innenminister fordern zumindest „Basisstufe“

BERLIN taz ■ Auch zum Polizeifunk Tetra 25 fassten die Innenminister gestern einen Beschluss. Allerdings klang er recht kleinlaut. Sie baten ihre Ministerpräsidenten, die Mittel für dieses europaweite Kommunikationssystem der Sicherheitsdienste nicht noch weiter zu reduzieren. Weitere Sparmaßnahmen seien „mit dem operativ-taktischen Bedürfnissen“ der Polizei nicht mehr vereinbar.

Diese Bescheidenheit hat ihre Gründe: Bereits seit Ende der 90er-Jahre wird an dem neuen Digitalfunk gewerkelt, der künftig die Polizeiverwaltungen, Geheimdienste und Feuerwehren aller EU-Staaten miteinander verbinden soll.

In Frankreich, Belgien und den Niederlanden sind diese neuen Digitalfunksysteme bereits installiert; andere Staaten haben mit dem Aufbau begonnen. Spätestens zur Fußballweltmeisterschaft 2006 sollte das System auch in Deutschland einsatzbereit sein.

Diese Zeitplanung wird allerdings kaum noch zu halten sein. Denn Mitte November beschlossen die deutschen Finanzminister einstimmig einen Finanzstopp: Rund 8 Milliarden Euro würde der Polizeifunk kosten, das sei „momentan nicht finanzierbar“. In den Innenministerien und bei der Polizei brach daraufhin Panik aus. Wenigstens eine „Basisstufe“ der digitalen Funktechnik wollte man ordern, die Kosten wurden nicht beziffert. Das Kanzleramt schaltete sich ein; eine Arbeitsgruppe von Staatssekretären soll nun die Finanzierbarkeit und die Einsparmöglichkeiten prüfen.

Sollte Tetra 25 am Ende nicht installiert werden, droht Deutschland sozusagen blind und taub zu werden, wenn es mit der modernen Digitaltechnik der ausländischen Partner kommunizieren will. Hinzu kommt, dass Ersatzteile für die derzeitige Analogtechnik irgendwann nicht mehr produziert werden.

OTTO DIEDERICHS