presse-sünden
: Männerdorn im Auge

Eigentlich ist Gott an allem schuld. Hätte er sich die lästige Sache mit dem Sündenfall gespart, dann müssten jetzt nicht unschuldige Bäume ihr Leben für Adams Fernsehzeitschrift lassen. TV Sünde ist seit Samstag auf dem Markt, für 1,50 Euro gibt es hier drei Wochen „Das TV-Programm für Männer“. Was das heißt, ist schnell auf den Punkt gebracht: Hervorhebung aller Sendungen, die irgendwie mit Sex zu tun haben, um sie „mit Text zu unterfüttern“, wie Herausgeber Günther Batzlaff das Vorgehen beschreibt. Auch der Mantelteil hat bei TV Sünde irgendwie mit Sex zu tun: Interviews mit Gina Wild und Jennifer Lopez, ein Porträt des Amerikaners Norman Zada, der ein „silikonfreies“ Erotikmagazin auf den Markt bringt, sowie eine bilderreiche Geschichte über den japanischen Pornoisten Araki. Davor ein paar Rubrik-Seiten „starlight“ und „sexy life“ mit Informationen so aktuell und erstmalig erzählt wie die Geschichte der Gina W.

Herausgeber und Geschäftsführer Batzlaff, 62, ehemals bei Bauer und der Stuttgarter Motor Presse beheimatet, macht die Zielgruppe unter den 19- 49-Jährigen aus. „Single orientiert“, nennt er das Konzept seiner Zeitschrift, für eine Welt, in der „wir immer mehr versingeln“. Sprich, immer mehr Männer sich einsam einen runterholen müssen.

Und so ist die Fernsehprogrammzeitschrift, die sich in ihrer Gestaltung kaum von einer TV Spielfilm unterscheidet, in erster Linie das Begleitheft für all jene armen Kerle, die allein mit Plastiktüte an der Hand auf Erotikmessen von Stand zu Stand schleichen. Entsprechend ist das Heft gespickt, mit jenen abgelutschten Bildern, die Herren auf ihrem Weg durch die Porno-Welt begleiten und ihr Hirn mit der Erkenntnis verwüsten, diese Ladys hätten nur auf sie gewartet: Frauen auf Autoreifen, die Brüste quetschend, hingeworfen auf dem Sofa, in Lack und Leder – zum Anfassen nah.

Es ist die Frage, ob man diese Schlichtheit ihren Machern zum Vorwurf machen kann. Schließlich entsteht ein Klischee immer vor dem Hintergrund einer Wahrhaftigkeit. Entsprechend ist TV Sünde nichts anderes als der Versuch, die triviale Welt des primitiven Mannes via des Mediums „Fernsehprogramm“ wiederzuspiegeln, um damit Geld zu machen. So optimistisch wie Günther Batzlaff die Situation sieht, „eine Special-Interest-Fernsehzeitschrift gibt es noch nicht, das ist ein großer Markt“, muss die Lage jedoch nicht betrachtet werden: Zuvor ist bereits der Ex-Coupé-Chef Peter Rensch mit dem Versuch von TV Erotisch gescheitert, zuletzt ging der Versuch eines solchen Blattes mit dem Schwerpunkt „Sport“ baden. Sport, das war auch eine Idee, die Batzlaff hatte, doch beim „erotikkomponenten Schwerpunkt“ sind „die Highlights größer“.

Das müssen sich auch seine Partner gedacht haben. Denn wenn Batzlaff auch ein Geheimnis daraus macht, wer dieses Blatt finanziert, so hat er doch erfahrene Medienunternehmer zur Unterstützung gefunden. Den Vertrieb übernimmt die Verlagsunion, ein Unternehmen des Bauer Verlages, das auch die Objekte des Klaus Helbert Verlags ausliefert, gleichfalls ein Bauer-Ableger, der sich mit Titeln wie Coupé und Blitz Illu einen Namen machte. Gedruckt wird bei Mohn in Gütersloh, sprich bei Bertelsmann. Dass sich das Blatt auf dem hart umkämpften Markt der Programmies bei 100.000 verkauften Exemplare einpendelt, nennt Batzlaff wünschenswert.

Diese 100.000 Hefte sind dem Christlichen Medienverbund KEP bereits ein Dorn im religiösen Auge. Deren Vorsitzender Wolfgang Baake sieht in dem schon fast traurig anmutenden Herrenblatt einen „Schlag gegen die Werte des Christentums“. „Die Schmuddelzeitschrift“, so Baake auf der Internetseite des KEP, „fordert die Leser auf, Sünde zu begehen“. Das ist vielleicht etwas kurz gedacht. Wie gesagt, hätte Gott sich die Geschichte mit dem Sündenfall geschenkt, bliebe uns eine Menge Ärger erspart. Unter anderem auch TV Sünde. SILKE BURMESTER