„Hausfrauen werden profitieren“

Der Ökonom Viktor Steiner erwartet Mitnahme- statt Beschäftigungseffekte

taz: Herr Steiner, hunderttausende Arbeitslose sollen durch das Angebot so genannter Ich-AGs aus der Schwarzarbeit in ein legales Arbeitsverhältnis gelockt werden. Was halten Sie davon?

Viktor Steiner: Ich fürchte, dass der Mitnahmeeffekt höher sein wird als der Beschäftigungseffekt. Das Angebot, eine staatlich geförderte Ich-AG zu gründen, lässt sich ja nicht auf Arbeitslose beschränken. Wenn das Angebot für jemanden interessant ist, der zum Beispiel als Grafiker in Teilzeit für eine Firma arbeitet, meldet er sich eben arbeitslos, gründet eine Ich-AG und profitiert von den Subventionen.

Was ist mit Schwarzarbeit?

Ob man wirklich so viele Leute aus der Schwarzarbeit holen kann, bezweifle ich. Sicherlich, es wird Arbeitslose geben, die sowieso indifferent sind und die die Chance nutzen, ihre Schwarzarbeit zu legalisieren. Ich vermute aber, dass es auch sehr viele geben wird, die sich vorerst nicht offenbaren, weil sie abwarten wollen, ob das Gesetz nicht bald wieder zurückgenommen wird, oder sich prinzipiell im Sektor Schwarzarbeit einrichten.

Auch durch subventionierte Haushaltshilfen soll Schwarzarbeit bekämpft werden.

Das ist ja sozusagen eine Neuauflage des Dienstmädchenprivilegs, das von Rot-Grün abgeschafft wurde, weil es nicht genug gebracht hat. Es gab also schon die Erfahrung, dass auf diese Weise nur wenige Stellen geschaffen werden konnten. Die Frage ist auch: Was sind eigentlich „haushaltsnahe Dienstleistungen“? Suppe kochen? Haare schneiden? Es wird also schwer sein, zu differenzieren zwischen nomalen Niedriglohnjobs und haushaltsnahen Dienstleistungen.

Und wer profitiert von den Mini- und Niedriglohnjobs?

Für Unternehmer sind die Minijobs zum Beispiel ein Anreiz, Tätigkeiten auszugliedern und aufzuteilen. Profitieren davon werden auf der Arbeitnehmerseite vor allem die Personengruppen, die einfach etwas dazuverdienen wollen: Hausfrauen, Studenten und Rentner.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement geht davon aus, dass durch die Hartz-Reform etwa 325.000 Stellen entstehen werden …

Schon wenn auf diese Weise 100.000 Stellen geschaffen werden, würde mich das überraschen. Dies zeigen auch empirische Schätzungen zu den Beschäftigungseffekten bei bereits früher für Deutschland vorgeschlagenen Kombilohnmodellen, die ähnlich ausgestaltet waren.

Was kostet die Hartz-Reform die Steuerzahler und die Sozialversicherungssysteme?

Nachdem wir schon ähnliche Modelle untersucht haben, gehe ich davon aus, dass die Kosten sich im niedrigen Milliardenbereich bewegen werden, vielleicht 2 bis 5 Milliarden Euro.

INTERVIEW: STEPHANIE V. OPPEN