Sanierung durch Tarifflucht

Uniklinik Eppendorf: Dienstleistungsbereiche sollen privatisiert werden. Über 600 Mitarbeiter betroffen. Erstmals droht das Krankenhausdirektorium auch mit Entlassungen. Gewerkschaft ver.di warnt vor einer „Kampfansage“

von KAI VON APPEN

Das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) ist noch nicht einmal richtig selbständig, da werden schon die ersten Hiobsbotschaften für das Personal bekannt. Über 600 MitarbeiterInnen – vor allem des technischen Bereichs – sollen aus dem Klinikum in GmbHs ausgegliedert werden, in denen der geltende Tarifvertrag keine Anwendung mehr findet. Bei Widerstand der Beschäftigten schließt das UKE erstmals auch Kündigungen nicht mehr aus. Eine Sprecherin bestätigt die Pläne: „Das UKE befindet sich mitten im Prozess der Verselbständigung. Dazu gehört, Teile outzusourcen.“

Damit werden die Befürchtungen des nichtwissenschaftlichen Personalrats schneller Realität als erwartet. Schon beim Beschluss der umstrittenen Verselbständigung und bei der Vorlage des Master-Plans zur Umstrukturierung im März hatten die Vertreter der 5500 Schwestern, Pfleger, Arbeiter und Angestellten des UKE prognostiziert: Nach der Entstaatlichung seien massive Einsparungen an Personal- und Sachkosten vorprogrammiert.

Nach den gestern bekannt gewordenen Plänen werden acht Bereiche ausgegliedert werden, unter anderem die Wäscherei, der Reinigungsdienst, die Krankentransporte, der Fuhrpark, die medizinisch-technische Abteilung, die Technik, die Bauabteilung sowie der zentrale Einkauf. Selbst das neue Herzzentrum und das Institut für Humangenetik sollen eigene Gesellschaften werden.

In den neuen GmbHs soll es für die UKE-Beschäftigten zwar eine „dynamische Besitzgarantie“ geben, mittelfristig soll aber der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes nicht mehr gelten. „Es sollen die jeweiligen Branchentarife angewendet werden“, bestätigt der kaufmännische Direktor Behrend Behrends. Dadurch hofft das UKE in den nächsten Jahren 15 Millionen Euro einzusparen.

Bei der Gewerkschaft ver.di ist man von den Plänen überrascht. „Wir sind natürlich immer daran interessiert, die Umorganisierung des UKE konstruktiv durch Überleitungstarifverträge zu begleiten“, sagt die Fachbereichsleiterin Krankenhäuser, Angelika Detsch, „auch wenn wir am liebsten kein Outsourcing wollen.“ Wenn das UKE allerdings versuche, diesen Prozess ohne die Gewerkschaft und ohne tarifvertraglichen Regeln umzusetzen, „betrachten wir das als Kampfansage. Die Beschäftigten lassen sich nicht eiskalt aufs Abstellgleis schieben.“

Dass es dem UKE ernst ist mit seinen Plänen, geht aus internen Vermerken des Kuratoriums – des quasi Aufsichtsrates – hervor. Darin heißt es, wenn die Bemühungen um Outsourcing nicht erfolgreich seien, „droht die Existenz des UKE gefährdet zu werden“. Deshalb müssten, wenn bei Renitenz von Arbeitnehmern geeignete Ersatzarbeitsplätze nicht vorhanden seien, auch Aufhebungsverträge anvisiert werden.

Der Hintergrund: Bei der Ausgliederung der UKE-Küche in eine GmbH im Herbst 2001 hatte es heftigen Ärger gegeben, da viele betroffene MitarbeiterInnen gegen ihre Versetzung erfolgreich Widerspruch eingelegt hatten – was für das UKE teuer wurde. Behrends rechtfertigt: „Bei jeder Ausgliederung entstehen erstmal zusätzliche Kosten. Längerfristig rechnet sich das aber.“

Das Kuratorium denkt bereits weiter: „Im Extremfall würde vor einem solchen Hintergrund auch über den bis 2006 vereinbarten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen neu verhandelt werden müssen.“