Mehr oder weniger offene Botschaften

Zu den bekanntesten Unternehmen in Deutschland, die Schwule und Lesben mit ihrer Werbung explizit ansprechen, gehören Reemtsma (West), Kraft Foods (Jacobs Krönung Light), der Automobilhersteller Ford und das Kölner Telekommunikationsunternehmen NetCologne.

Reemtsma hat seine Kampagne ohne Angabe von Gründen wieder eingestellt. Ford hingegen baut sein Engagement von Jahr zu Jahr aus. Zum Christopher Street Day (CSD) wurden sogar separate Motive für Schwule und Lesben entwickelt. Darüber hinaus unterstützt Ford seit einigen Jahren verschiedene Homoprojekte.

Auch intern ist der Konzern aktiv: Schwule, lesbische und bisexuelle MitarbeiterInnen sind in der Betriebsorganisation Ford Globe organisiert. Für sein schwullesbisches Engagement erhielt Ford im April 2001 vom Verband der „Gay Manager“ den Max-Spohr-Preis. Damit soll in regelmäßiger Folge ein Unternehmen ausgezeichnet werden, das in seiner Geschäftspolitik die Integration von Schwulen und Lesben fördert.

Auch Kraft Foods engagiert sich bereits seit Jahren in der Homoszene. Seit 1998 werden regelmäßig Anzeige in deren Medien geschaltet – allerdings nur mit einem männlichen Model. Die Printkampagne wird durch Sponsoring begleitet. So unterstützt der Konzern auch den schwullesbischen Filmpreis der Berliner Filmfestspiele (Teddy) mit Geldmitteln.

Die meisten Unternehmen versuchen, Schwule mit unterschwelligen Botschaften zu ködern (Gucci, Diesel, Dolce & Gabbana). Gruppen von halb nackten, sich berührenden und manchmal auch kuschelnden Männern werden nicht für jeden eindeutig als Schwule identifiziert. Sie weisen Heteros nicht ab, sprechen aber männliche Homos an.

Manchmal werden auch kodierte Botschaften eingeschmuggelt, die nur von Eingeweihten verstanden werden – wie zum Beispiel in einem amerikanischen Spot des Automobilkonzerns Subaru, in dem sich Aufkleber mit dem blaugelben Logo der größten Homoorganisation der USA finden, der Human Rights Campaign.

Doch nicht immer, wenn Homos in der Werbung auftauchen, sind damit auch Schwule und Lesben als Zielgruppe gemeint. Schwule werden häufig als schrille Figur instrumentalisiert, um Aufmerksamkeit zu erregen und die Erinnerung an ein Produkt zu wecken (Mobilcom, E.ON).

Frauen hingegen suggerieren häufig eine lesbisch-erotische Szene, um Männerfantasien zu beflügeln (Schiesser). Bei Schwulen und Lesben kommen solche Klischees nie gut an.

Im Gegenteil nehmen viele Lesben und Schwule offene Hinweise auf die eigene sexuelle Identität übel. Schwule, so ergaben Umfragen, sehen sich lieber Cowboys (Marlboro) und Feuerwehrmänner in Reklamen an; Lesben bevorzugen Frauen in Margarineanzeigen.

Einen Ratgeber mit Strategien und Konzepten für Unternehmer, die sich an Schwule und Lesben als KonsumentInnen richten wollen, haben Michael Stuber und Andrea Iltgen gemeinsam herausgebracht: Gay Marketing – Von der neuen Offenheit profitieren, Luchterhand, Neuwied 2002, 229 Seiten, 39 Euro. AK