Coole Typen zur Cocktailparty

Als der Radical Chic schwarz wurde: Das Trikont-Label widmet sich in einer neuen Compilation dem politischen Soul rund um die US-amerikanische Black-Panther-Bewegung. Bis in die Gegenwart des aktuellen Asian-Dub wird dabei der Bogen gespannt

von ROBERT HODONYI

Während der Rede des kalifornischen Gouverneurs, Ronald Reagan, wird es plötzlich ungemütlich: 30 Männer und Frauen der Black Panther Party (BPP) erklimmen die Stufen seines Amtssitzes in Sacramento. Sie sind ganz in Schwarz gekleidet, einige tragen Sonnenbrillen und schwarze Baretts. In ihren Händen halten sie Gewehre und Pistolen. Ihr Anführer Bobby Seale verliest ihre Botschaft in die laufenden Kameras: „Die Black Panther Party For Self-Defense glaubt, dass für die Schwarzen die Zeit gekommen ist, sich gegen den Terror (der Polizei) zu bewaffnen, bevor es zu spät ist … ein Volk, das so viel für so lange Zeit unter einer rassistischen Gesellschaft erlitten hat, muss irgendwo die Grenze ziehen.“

Dieser medienträchtige Auftritt der BPP bedeutete gleichzeitig das Ende des alten Civil Rights Movement und den Beginn einer neuen Phase im Emanzipationsprozess der Afroamerikaner in den USA: „Say It Loud – I’m Black And I’m Proud“, shoutete James Brown und gab der Black-Power-Bewegung ihre Hymne. „Black & Proud“ wurde zum Schlachtruf der schwarzen Selbstermächtigung. Diese sollte aus Sicht der Black Panthers, die sich als Avantgarde in diesem Befreiungskampf verstanden, zur Not auch mit Waffen durchgesetzt werden. Statt der Bibel und Gandhi zirkulierten jetzt Texte von Frantz Fanon, Mao Tse-tung und Che Guevara.

Der Musikjournalist und DJ Jonathan Fischer hat nun einen Sampler zusammengestellt, der den Sound jener Zeit rekapituliert: Von den Klassikern des Message-Souls wie Sam Dees „Heritage Of A Black Man“ über „Brand New Day“ von der Gospelgruppe Staple Singers bis zum in bester James-Brown-Manier vorgetragenen Funkstück „Be Black“ von Grady Tate. Solche Titel artikulierten ein neues schwarzes Selbstbewusstsein. Doch die wenigsten der vertretenen Bands dürften mit der militanten Panther-Ideologie konform gegangen sein. Insofern spielt „Black & Pround“ mit dem Radical Chic der Black Panthers, der damit gleichzeitig um die musikalische Facette reicher wird.

Das Image der Black Panther war einer Selbstdarstellung geschuldet, die schwarzen Glam bewusst mit einem Paramilitärlook kombinierte. Das Auftreten drückte Unverletzbarkeit und Stolz aus und machte ihr Anliegen attraktiv. Doch während Society-Stars wie Leonard Bernstein es plötzlich hip fanden, sich die supercoolen Typen zur Cocktailparty zu laden, war, wie Tom Wolfe im Aufsatz „Radical Chic“ beschreibt, die Zerschlagung der Black Panthers bereits in vollem Gang: Huey Newton stand wegen angeblichen Mordes vor Gericht, ein Dutzend Büros der Panther wurden vom FBI gestürmt und Fred Hampton, der Chef der Chicagoer Panther, im Schlaf erschossen.

Anders als der inhaltsleere RAF-Chic im Kino („Baader“) funktioniert die Compilation „Black & Proud“ vor allem aber durch ihren Bezug zu aktuellen politischen Debatten: Die letzte Warnung der Brothers Keepers oder die politischen Lyrics auf „Community Music“, dem letzten Album der britischen Asian Dub Foundation, legen einen solchen Brückenschlag nah. So ist die Asian Dub Foundation auf „Black & Proud“ ebenso vertreten wie der Public-Enemy-Rapper Chuck D.

Während Letzterer „Down To Now“ von den Last Poets featuret, ist die Asian Dub Foundation zusammen mit Assata Shakur, der ehemaligen Black-Panther-Aktivistin und Tante des ermordeten Rappers Tupac Shakur, ins Studio gegangen. Auf Kuba, ihrem Exil, entstand das Stück „Reluctant Warrior“ – „Unfreiwillige Kämpfer“, ein bewusster Schulterschluss zwischen dem Gestern und dem Heute.

Diverse: „Black & Proud. The Soul Of The Black Panther Era, Vol. 1 & 2“ (Trikont)