Tierpark – mehr als ein Zoo

In Lichtenberg startet das Bürgerbegehren zum Erhalt des Tierparks Friedrichsfelde. Initiator ist die PDS. Der Ostzoo soll nie wieder auf eine „Giftliste“. Leider sieht der Finanzsenator das anders

von CHRISTOPH TITZ
und ROBIN ALEXANDER

Jede anständige Stadt hat einen Zoo. Berlin hat sogar zwei. Und das soll auch so bleiben. Findet jedenfalls die Lichtenberger PDS. Wer auch findet, dass Berlin nicht nur den berühmten Zoolologischen Garten im Zentrum Westberlins, sondern auch den Tierpark Friedrichsfelde braucht, kann ab heute an fünfzehn öffentlichen Orten wie Bürgerämtern und Bibliotheken in Lichtenberg unterschreiben.

Knapp zwei Monate lang liegt dort ein Bürgerbegehren zum Schutz des Tierparks Friedrichsfelde aus. Darin heißt es: „1. dass Berlin sich umgehend ohne Wenn und Aber zum Fortbestand des Tierparks (…) und des Zoologischen Gartens (…) bekennt“ und „2. dass jede Art spekulativer Diskussion über die Höhe öffentlicher Zuschüsse für Tierpark und Zoo sofort und in Zukunft unterbunden wird“.

Die kategorische Formulierung des Bürgerbegehrens und die in freien Gesellschaften eher ungewöhnliche Forderung, eine Diskussion zu unterbinden, verrät die Eile, mit der dieses Bürgerbegehren in der letzten Woche vor der Bundestagswahl initiiert wurde. In der heißesten Wahlkampfphase tauchte eine so genannte Giftliste mit Sparvorschlägen der Finanzverwaltung auf. Darin fand sich auch eine Streichung der Zuschüsse für den Tierpark. Bis zum Jahr 2008 könnten, laut Giftliste, so 34 Millionen Euro eingespart werden. De facto würde eine Streichung des Zuschusses ein Ende des Tierparks bedeuten.

Kann das die Politik eines rot-roten Senates mit PDS-Beteiligung sein? Nein, sagte Gesine Lötzsch, PDS-Direktkandidatin für den Bundestag in Lichtenberg. Die Sozialistin witterte eine gezielte Aktion, um die verunsicherte PDS-Wählerschicht von den Urnen abzuhalten. Lötzsch fürchtete um ihren Einzug ins Parlament und initiierte mit Mitstreitern das Bürgerbegehren. Sie gewann das Direktmandat und sitzt tatsächlich im Bundestag, aber der Tierpark liegt ihr weiter am Herzen: „Ehrenamtliche Arbeit darf nicht von der Geschichte weggewischt werden.“

Der Tierpark ist nämlich mehr als ein Zoo. Für viele Ostberliner ist er ein Stück Identität. „Im Falle des Tierparks Friedrichsfelde muss das in Jahrzehnten und über Generationen hinweg gewachsene Aufbauwerk der Ostdeutschen bewahrt werden, mit dem sich weit mehr Menschen als nur die Bevölkerung des Bezirks Lichtenberg und der Stadt Berlin identifizieren“, heißt es in der Begründung des Bürgerbegehrens. Tatsächlich wurde die im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) unter großer Beteiligung von Freiwilligen errichtete Park zum Symbol für einen Wiederaufbau in der DDR.

Heute besuchen laut PDS-Lichtenberg eine Millionen Besucher jährlich den Tierpark. Hauptattraktion ist dabei eine Schlangenfarm. Jüngst wurde auf einem Gelände, das zu DDR-Zeiten wegen der Nachbarschaft zum Ministerium für Staatssicherheit nicht zugänglich war, ein neues Gehege eingeweiht.

Kommen in den nächsten zwei Monaten mindestens 20.000 Unterschriften zusammen, wird das Bezirksamt Lichtenberg die Forderungen an den Senat weiterleiten. Diese zu sammeln, scheint kein Problem. Schon statt der zur Ermöglichung des Bürgerbegehrens notwendigen 4.000 Unterschriften hatte die PDS nach eigenen Angaben über 14.000 gesammelt.

Die politischen Erwartungen der PDS Lichtenberg, die mit ihren Mitgliedern das Begehren angestoßen hat, sind dennoch bescheiden. „Der Senat kann mit so einem Bürgerbegehren leider machen, was er will“, so Joachim Pampel, Sprecher der PDS-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg. Auch nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren sei der Tierpark nicht hundertprozentig sicher.

Die Sorge erscheint überflüssig, erklärte jüngst sogar der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei einem Besuch in Friedrichsfelde: „Der Tierpark bleibt.“ Nur einer scheint immer noch anderer Meinung. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) stellte ausgerechnet an diesem Wochenende in einem Interview in der bei Ostberliner Tierparkbesuchern beliebten Boulevardzeitung Berliner Kurier dessen Existenz in Frage: „Das ist eine teilungsbedingte Mehrausstattung Berlins. Diese historische Tatsache kann niemand bestreiten.“