Ein Vorzeige-Israeli

Das Schicksal des verunglückten Astronauten Ilan Ramon („Unser Mann im All“) vereint für wenige Stunden das israelische Volk

JERUSALEM ■ taz Ungeachtet des Sabbats versammelten sich israelische Journalisten schon kurz nach der Meldung von der verunglückten Columbia vor dem Elternhaus des Astronauten Ilan Ramon. Pietätlos hantierte ein Toningenieur an Ramons Vater Eliesar Wolfermann herum und steckte ihm für das bevorstehende Fernsehinterview einen Kopfhörer ins Ohr, während der alte Mann einen Kondolenzanruf entgegennahm. Als „exzessiv“ hatte Wolfermann den Medienrummel schon vor dem Tod seines Sohnes bezeichnet und zu „ein wenig mehr Bescheidenheit“ geraten.

Für wenige Stunden ist das israelische Volk wieder vereint. Kein Disput über den Wahlausgang oder mögliche Regierungskoalitionen. „Unser Mann im All“ bestimmt jedes Gespräch. So sehr die Leute an Katastrophen, Tod und Trauer auch gewöhnt sind, so trifft sie das Schicksal Ilan Ramons doch überraschend heftig. Pausenlos sprechen Bekannte und Verwandte Ramons im Hörfunk über den Toten. Die „Stimme Israels“ sendet wiederholt seinen Lieblingsschlager und überträgt die Ansprachen von offiziellen Trauerfeiern.

„Der Himmel war blau und weiß“ (Farben der israelischen Fahne), schrieb der USA-Korrespondent der Zeitung Ha’aretz am Tag, als die Columbia ihre Mission aufnahm. Bei Ilan Ramon passte einfach alles zusammen: ein Vorzeige-Israeli, mit dem sich nicht nur heranwachsende Jungs leicht identifizieren konnten. Sein Vater hatte Auschwitz überlebt, er selbst war Kommandant in der Luftwaffe, kämpfte im Jom-Kippur-Krieg und flog 1981 den damals von Premier Menachem Begin befohlenen Angriff auf den irakischen Atomreaktor. Auf seine letzte Mission nahm er die Zeichnung eines jüdischen Jungen mit, der die Nazis nicht überlebte, einen Mikrochip mit dem Alten Testament und ein T-Shirt mit der Aufschrift „Stoppt Straßenunfälle“. Noch im All, das „die Völker vereine, nicht trenne“, appellierte er, mit der Erde, „die von hieraus so zerbrechlich wirkt“, sorgsam umzugehen. Wer hätte mit ihm streiten wollen.

Premierminister Ariel Scharon nutzte die Gelegenheit, um an die „schicksalhafte Partnerschaft“, zwischen den USA und Israel zu erinnern. Die sonntägliche Regierungssitzung begann mit einer kurzen Trauerzeremonie. Ramon, so versprach der Regierungschef, sei der erste, aber nicht der letzte Israeli im All gewesen. SUSANNE KNAUL