Schlag gegen Schüsseln

In Teheran werden legal installierte Satellitenanlagen beschlagnahmt. Denn die ausländischen Programme – besonders die US-amerikanischen – sind den Konservativen ein Dorn im Auge

von BAHMAN NIRUMAND

Seit einige Tagen sind in verschiedenen Stadtbezirken Teherans Schlägertrupps unterwegs, um Satellitenschüsseln zu beschlagnahmen – und das, obwohl das iranische Parlament vor kurzem das Verbot solcher Schüsseln aufgehoben hatte. Parallel zu dieser Aktion werden persischsprachige Auslandssender massiv gestört, insbesondere die beiden Fernseh- und Rundfunksender, die von den USA finanziert werden. Das Fernsehprogramm wird aus Los Angeles und das Radioprogramm aus Prag (Radio Freies Europa) über Satellit in den Iran gesendet. Beide Sender haben ihr Programm auf täglich 24 Stunden ausgeweitet. Radio Freies Europa, das seine persischsprachige Sendung „Radio Farda“ (Radio Morgen) nennt, eröffnete sein neues Programm Ende Dezember mit einer Grußbotschaft von US-Präsident George W. Bush. Er begründete die Programmverlängerung damit, dass „eine Hand voll Menschen, ohne gewählt worden zu sein, das Land beherrscht und es hindert, unzensierte Informationen zu erhalten“.

Bush und sein Verteidigungsminister Rumsfeld haben in den letzten Monaten immer wieder betont, dass das iranische Volk in absehbarer Zukunft die Machthaber stürzen werde. Offenbar haben nun die USA die Absicht, diesen Prozess durch Einwirkung von außen zu beschleunigen. „Wir werden die Menschen in Iran bei ihrem Streben nach Freiheit, Fortschritt, nach einer effektiven und ehrlichen Regierung, nach einer menschenwürdigen Gerichtsbarkeit und einem Rechtsstaat begleiten und weiter den iranischen Staat auffordern, sich dem Willen des Volkes zu beugen“, sagte der Präsident in seiner Grußbotschaft. „Ich wiederhole, sollte Iran seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen und nach einer Zukunft mit mehr Freiheit und Offenheit streben, wird das Land keinen besseren Freund finden können als die Vereinigten Staaten von Amerika.“

Kein Wunder, dass solche Worte gerade die Konservativen beunruhigen. Doch inzwischen werden die Auslandssender von Millionen Iranern gesehen und gehört, denn hier erfahren sie weit mehr über die Vorgänge im eigenen Land als über die iranischen Medien, zumal nahezu sämtliche liberale Zeitungen verboten worden sind.

So läuft seit geraumer Zeit eine breit angelegte Kampagne gegen die Auslandssender. Konservative Zeitungen, Freitagsprediger, Rundfunk und Fernsehen sowie hohe Amtsträger bis zu Revolutionsführer Ali Chamenei nutzen jede Gelegenheit, um diese Sendungen als feindliche Propaganda darzustellen. Doch sie haben damit das Gegenteil bewirkt: Die Popularität der Sender steigt.

Nun haben sich die Islamisten offenbar dazu entschlossen, die Angelegenheit gewaltsam zu beenden. Bereits vor Wochen kursierte das Gerücht, Störgeräte seien im Ausland bestellt. Es wurde auch bekannt, dass bei der Verabschiedung des Regierungshaushalts im Parlament eine neue Rubrik unter der Bezeichnung „Aktivitäten gegen amerikanische Drohungen“ eingerichtet worden ist.

Eine andere, wichtige Informationsquelle bilden die neu eingerichteten Internetdienste. Einige, darunter namhafte Journalisten verbotener Zeitungen, haben Internetnachrichtendienste eingerichtet, ähnliche Dienste gibt es seit längerer Zeit auch im Ausland. Gerüchte besagen, dass auch diese Dienste, zumindest die im Inland, verboten werden sollen. In den konservativen Zeitungen werden diese Dienste als Handlanger fremder Mächte und konterrevolutionärer Kräfte bezeichnet. Dass auch konservative Journalisten sich dieses offenbar wirkungsvollen Mittels bedienen, wird bei der derzeitigen Hetzkampagne hingegen verschwiegen.