irak
: Die Alternative zum Krieg

Man kennt die Szene aus dem Kino. Unweigerlich steuert das Drama seinem Höhepunkt entgegen – da naht Rettung in letzter Sekunde. So ähnlich wirkt die Initiative von Chirac und Schröder, Blauhelmsoldaten nach Bagdad zu schicken und den angekündigten Krieg zu verhindern.

Kommentarvon STEFAN REINECKE

Nun ist globale Interessenpolitik kein Hollywoodfilm. Und es spricht viel gegen diesen Plan. Er kommt spät, sehr spät. Er dürfte am erbitterten Widerstand der USA scheitern. Selbst wenn er eine Chance bekommt, ist der Frieden damit längst nicht gerettet. Denn auch falls Blauhelmsoldaten in Bagdad einziehen, werden sich weiterhin Saddam Hussein, der tricksen wird, und George W. Bush, der Krieg für die einzige Lösung hält, gegenüberstehen. Ein riskanter Plan – auch für deutsche Blauhelmsoldaten.

Doch klar ist auch: Ein Krieg gegen den Irak wird das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt ist. Er wird die Region chaotisieren und den islamistischen Extremisten scharenweise Sympathisanten zutreiben.

Die Chirac-Schröder-Initiative ist der Versuch, dem scheinbar Unvermeidlichen eine Alternative entgegenzusetzen, die eiserne Logik der Eskalation zu durchbrechen und die UNO zur Geltung kommen zu lassen. Bis jetzt schien die UNO am Ende dieser Krise so oder so ramponiert dazustehen. Wenn US-Amerikaner und Briten ohne UN-Mandat losschlagen, fällt nicht nur Bagdad, sondern auch das Gewaltmonopol der UNO in Schutt und Asche. Wenn die USA ein Mandat für einen falschen Krieg erpressen, wird auch dies die UNO schwächen. Die deutsch-französische Initiative lässt nun eine andere Möglichkeit aufscheinen: eine gestärkte UNO, die mit Blauhelmen den Krieg verhindert und Saddam Hussein weiter abrüstet. Diese Vision ist der Faszinationskern dieser Initiative. Es ist eine Idee von einiger Leuchtkraft, die, falls sie glückt, globale Realpolitik und pazifistische Moral zur Deckung bringen könnte.

Dieser Coup nutzt Schröder, weil er ihn aus der Sackgasse des blanken Neins befreit. Scheitert die Initiative an den USA, so stärkt dies die Glaubwürdigkeit seiner Antikriegsposition. Scheitert sie an Irak, kann und wird Schröder von seinem strikten Nein zum Krieg abrücken. Wenn das Bündnis mit Paris hält, kann Schröder nur gewinnen.

Bush hat gesagt: Das Spiel ist aus. Berlin und Paris sagen: Das Spiel geht weiter. Dies ist eine offene Revolte gegen die USA. Und mehr: Es ist der Versuch, die UNO zu stärken. Ein Ziel, das das Risiko zu scheitern lohnt.