Schröder setzt auf Blauhelme

Plan aus dem Kanzleramt: Die Inspekteure im Irak sollen von UN-Soldaten unterstützt werden

BERLIN taz ■ „Eine kraftvolle, multinationale Macht, eingerichtet vom Sicherheitsrat“, solle die Inspektionsteams der Vereinten Nationen unterstützen. Die Sätze stammen nicht aus einer angeblichen deutsch-französischen Initiative zum Irak, über die der Spiegel berichtet, sondern aus einer bereits im August letzten Jahres veröffentlichten Studie eines Washingtoner Think-Tanks.

Viele der Ideen in dem offenbar vom Kanzleramt lancierten Plan, dessen Inhalt Verteidigungsminister Peter Struck in Grundzügen bestätigte, von dessen Existenz das französische Außenminister gestern aber zumindest offiziell nichts wissen wollte, werden seit langem diskutiert. Noch vor Wiederaufnahme der Inspektionen im Irak hatte die liberale, eher den Demokraten nahe stehende Washingtoner Carnegie-Stiftung entsprechende Vorschläge gemacht. Inspektionsteams, so die Studie, sollten begleitet werden „von militärischen Einheiten, stark genug, um den unmittelbaren Zugang zu jedem Ort zu jeder Zeit gewaltsam durchzusetzen“. Ähnlich wie in dem jetzt angeblich ausgearbeiteten Plan, der „tausende“ im Auftrag der UN stationierte Blauhelm-Soldaten, unterstützt von französischen „Mirage“-Aufklärungsflugzeugen, umfassen soll, die im Irak Straßenposten errichten und verdächtige Transporte untersuchen sollen, ist in dem Carnegie-Bericht von einer „Inspection Implementation Force“ die Rede.

In den Grundzügen sind die Ideen für „coercive inspections“ – das heißt mit Gewalt erzwungene Inspektionen – also nicht neu. Verwundern darf deshalb der Zeitpunkt, zu dem Berlin den Plan offensichtlich gezielt an die Öffentlichkeit bringt. Zwar mokierte sich Rumsfeld bei seinem Besuch in München darüber, aus der Presse davon erfahren zu müssen. Doch wenige Tage nach der bislang unverhohlensten Kriegsdrohung aus Washington könnte das Konzept indirekt auch den Falken im Weißen Haus in die Hände spielen.

Denn zum jetzigen Zeitpunkt vorgebracht, unterstellt das Konzept, dass das aktuelle Inspektionsregime im Irak nicht funktioniert. Die Bundesregierung stünde damit im Gegensatz zu den tendenziell positiven Äußerungen von UN-Chefinspekteur Hans Blix über die irakische Kooperationsbereitschaft. Bei den Gesprächen über die Frage, ob das Regime in Bagdad künftig die unüberwachte Befragung irakischer Wissenschaftler erlaubt, gab es am Wochenende offenbar ebenso Fortschritte wie bei der Frage nach dem Einsatz von Aufklärungsflugzeugen vom Typ U-2 durch die Inspektoren.

Die Nutzung der U-2-Flugzeuge bezeichnet Joseph Cirincione, einer der Herausgeber der Carnegie-Studie, denn auch gestern im Gespräch mit der taz als eines der besten Mittel, um die Arbeit der Inspektoren kurzfristig effektiver zu machen, ohne auf die weitgehenden Vorschläge vom August letzten Jahres zurückgreifen zu müssen. Die Möglichkeit zur Einrichtung lokal begrenzter „no drive“-Zonen bestehe schon jetzt. Auch die vorgeschlagene Erhöhung der Anzahl der im Irak agierenden Inspektoren sei eine effektive Maßnahme, die auch ohne eine neue Resolution umzusetzen wäre. „Maßnahmen, die Inspektionen auch dann effektiv zu gestalten, wenn Irak nicht aktiv kooperiert“, so Cirincione, „gibt es genügend.“

ERIC CHAUVISTRÉ