Kein Auge zudrücken in der Hafen-City

Vertrauliche Senatsdrucksache gibt zu: Ungelöste Lärmprobleme bei Wohnungsbau im neuen Stadtteil. Vor allem am Dalmann- und am Sandtorkai ist zu viel vom Krach der Hafenbetriebe zu hören. Baubehörde verhandelt über Lärmdeckel

von GERNOT KNÖDLER

Die Hafen-City könnte sich auf eine ganz andere Art als urban erweisen, als vom Senat geplant: Als ein Stadtteil, der nie schläft, weil die Hafenbetriebe auf der gegenüberliegenden Elbseite zu viel Lärm machen. Wie aus einer vertraulichen Mitteilung der Baubehörde an den Senat hervorgeht, ist das Problem des Hafenlärms im westlichen Teil der Hafen-City nicht gelöst. Ein Lärmdeckel, ähnlich wie beim Flughafen, ist in Planung. Einstweilen will die Baubehörde den Krach am Sandtorkai, direkt vor der Speicherstadt, mit baulichem Lärmschutz bekämpfen. Bei den weiter hafenwärts gelegenen Baugebieten auf dem Dalmann- und dem Strandkai dürfte das schwierig werden, denn die Hafenbetriebe wehren sich gegen eine Einschränkung ihrer Arbeitsmöglichkeiten.

Auf allen drei Kais sollen Wohnungen gebaut werden. Der in der Mitte liegende Dalmannkai ist als Schwerpunkt des Wohnungsbaus in der westlichen Hafen-City vorgesehen. Am Sandtorkai sollen fünf Wohn- und drei Bürogebäude errichtet werden. Am Strandkai, direkt an der Norderelbe und damit dem Hafen am nächsten, sieht der Masterplan 50 Prozent Wohnungen vor.

Schon den Planern schwante, dass der im Hafen zulässige Lärm zu viel Krach für die künftigen Bewohner auf der nördlichen Elbseite bedeuten könnte. Die Gutachter der Baubehörde stellten fest, dass „die heutige nächtliche Belastung mit um die 50 dB(A) (Dezibel) die Beurteilungswerte für Wohnen überschreitet“. Eine „Hafenplanungsverordnung Kleiner Grasbrook/ Steinwerder“ soll den Betrieben deshalb Lärmkontingente zuordnen, „so dass an den südlichsten Gebäuden im Wohngebiet auf dem Dalmannkai nachts ein Lärmimmissionswert von ca. 50 dB(A) erreicht wird“.

Passiver Lärmschutz wie Loggien, vorgehängte Fassaden und geschlossene Balkone sollen den Krach in den Wohnungen auf 40 bis 45 Dezibel verringern. Denn der einschlägige Passus in der Technischen Anleitung (TA) Lärm erlaubt in Mischgebieten tagsüber maximal 60 Dezibel und nachts 45 Dezibel, in reinen Wohngebieten sogar tags nur 50 Dezibel und nachts 35 Dezibel.

Doch über die Hafenplanungsverordnung mit ihrem Lärmdeckel wird noch verhandelt. „Wir emittieren mehr Lärm als in dem ersten Gutachten ermittelt worden ist“, sagt Helmuth Schulze-Trautmann, Geschäftsführer der Firma Sasol-Wax auf dem Südufer der Norderelbe. Seine Firma wolle nicht als Verhinderer der Hafen-City dastehen, müsse aber auf Bestandsschutz pochen. Bei der Hafenplanungsverordnung solle daher von „realistischen Emissionswerten“ ausgegangen werden.

Am Südrand des Plangebiets würden nach den neuen Erkenntnissen der Baubehörde nachts 53 Dezibel ankommen. Am weiter nördlich gelegenen Sandtorkai könne der unerwartete Krach wohl durch zusätzlichen Lärmschutz an den Gebäuden aufgefangen werden. Der entsprechende Teilbebauungsplan könne daher vorweg genehmigt werden. Am Dalmannkai müsse jedoch „von weitergehenden Anforderungen zum Thema Lärmbewältigung ausgegangen werden“, und am Strandkai erst recht. Bis zum Sommer solle deshalb „intensiv geprüft werden“, wie der Lärm der Hafenbetriebe weiter zu verringern ist.

Damit die Hafen-City auch mal ein Auge zudrücken kann.