Viele Polen wissen von nichts

aus Warschau GABRIELE LESSER

Eine Friedensbewegung gibt es in Polen nicht. Zu den weltweiten Demonstrationen gegen einen Irakkrieg haben daher in Polen nur der Verein der Iraker in Polen, der Verband der Studenten Palästinas und die polnische Studenteninitiative „Stoppt den Krieg“ aufgerufen. Da die Medien weder über die geplante Demonstration in Warschau noch die in anderen Städten oder gar Ländern berichtet haben, wissen die meisten Polen gar nicht, dass heute weltweit gegen den Krieg demonstriert wird.

In Warschau hatten bereits letzte Woche Studenten bei eisiger Kälte dampfende Suppe an Arme ausgeschenkt. Doch die Aktion „Essen statt Bomben“, die sich gegen den Kauf von 48 F-16-Jagdbombern für knapp 4 Milliarden US-Dollar richtete, fiel in Warschau nicht weiter auf. So genannte Hungerschlangen sieht man im Winter auch in Warschau überall. Nur 4 Prozent der Polen, so zeigen Umfragen, halten einen Alleingang der USA für richtig. Ganz anders die Regierung. Sie hat den USA zugesichert, auch im Fall eines Krieges ohne UN-Mandat „politische Unterstützung und nicht nur politische Unterstützung“ zu leisten.

Die katholische Kirche hat sich ebenfalls eindeutig gegen den Krieg ausgesprochen, will sich den Demonstranten aber nicht anschließen. Dies liegt an der antiamerikanischen Ausrichtung der geplanten Demonstration: Eines der Transparente zeigt Bush als Hitler mit dem deutschen Text: „Ein Volk! Ein Reich! Ein Führer“, auf einem anderen ist eine alte Milupa-Werbung zu sehen, auf der eine Mutter ihrem Säugling liebevoll nicht ein Fläschchen, sondern eine Rakete „US Air Force“ in den Mund steckt und „Millionen Soldaten“ – so der Text „sich aufmachen, um deine Ölversorgung zu sichern“. Das zweite Bild zeigt einen Zug, der an die Nazizeit in Polen erinnert, aus dem aber keine SS-Horden aussteigen, sondern US-Soldaten. Dass Saddam Hussein ein Diktator und Massenmörder ist, dürfte bei der Demonstration in Warschau egal sein. Hier wird es nur einen Bösen geben: George W. Bush.