Der Mann, der der CDU ihre K-Gruppe gab

Peter Kittelmann, Multiparlamentarier und langjähriger Mehrheitsbeschaffer für Eberhard Diepgen, prägte über 30 Jahre lang die Berliner Union – und kam bis zu seinem Tod am vergangenen Samstag nicht von der Politik los

Als Eberhard Diepgen vor einem Jahr seinen Abschiedsapplaus bekam, stand beim Parteitag alles um den gerade geschassten CDU-Landeschef. Nur einer blieb neben ihm hocken: Peter Kittelmann, der jahrzehntelange Strippenzieher der Union, der am Samstag im Alter von 66 Jahren an Krebs starb. Er habe es als wichtig empfunden, in diesem Moment neben ihm sitzen zu bleiben, hatte Kittelmann damals der taz gesagt. Diepgens Niederlage war auch seine. Drei Jahrzehnte hatte er immer wieder eine Mehrheit für den Parteichef – und für sich – zustande gebracht, jetzt war Schluss.

Schon in den frühen Sechzigern fochten die beiden zusammen – in der schlagenden „Sängerschaft Borussia“. Sie und ein gewisser Klaus-Rüdiger Landowsky – nachzulesen schon 1986 bei taz-Gründer Michael Sontheimer in seinen „Geschichten aus dem Berliner Filz“. Jura studierten sie an der FU, wie damals auch weitere spätere CDU-Parteigrößen. „Die waren gegen den Zeitgeist in der Minderheit, das schweißt zusammen“, sagt Wolfgang Wieland, Ex-Grünen-Fraktionschef und CDU-Filz-Kritiker. Betonfraktion nennt man sie.

Ein paar Jahre danach vertauscht die Gruppe die FU mit der Stadtpolitik: Diepgen sitzt ab 1971 im CDU-Landesvorstand und im Abgeordnetenhaus, Kittelmann übernimmt 1969 den Kreisverband Tiergarten, später zu Mitte fusioniert. Bis zu seinem Tode bleibt er 34 Jahre im Amt – der dienstälteste CDU-Kreischef. Kittelmann wird auch Namensgeber jenes Kreises, in dem die Exkommilitonen Politik und Karrieren planen. „K-Gruppe“ heißt die Runde, wie eine Persiflage auf die gleichnamigen, aus der Studentenbewegung kommenden kommunistischen Kleinparteien. Mit denen hatten sie zwar „ideologisch nichts gemeinsam, doch in ihrer gezielten Kaderpolitik und Kungelkunst waren sie ihnen sehr ähnlich“, schreibt Sontheimer.

Und Kittelmann machte Karriere. Nach einem Intermezzo im Abgeordnetenhaus und Stationen als Stadtrat und Vizebürgermeister rückt er 1976 für 18 Jahre in den Bundestag. 1994 folgen vier Jahre im Europaparlament. Ein Unikum auf Berliner Ebene sei Kittelmann als Strippenzieher gewesen, sagt der Grüne Wieland. Auch Kittelmanns Familie macht politisch Karriere: Seine Frau Marion sitzt acht Jahre im Landesparlament, sein Bruder Wilm wird Bezirkstadtrat.

Ende der 90er aber kommt das Anfang vom Ende: Die Partei stellt ihn nicht mehr für die Europawahl auf. Statt sich mit 62 Jahren zurückzuziehen, kehrt Kittelmann ins Abgeordnetenhaus zurück, wo er eine untergeordnete Rolle spielt. „Nicht los-lassen können“ nennt Wieland das, „Abschied auf Raten“, sagt Peter Gierich, Kittelmanns Vize bei der CDU Mitte: „Wahrscheinlich hat er auch gedacht, er kommt ohne Politik nicht aus.“ Erst vor 10 Wochen habe Kittelmann, längst vom Krebs gezeichnet, seinem engeren Umfeld von der Krankheit erzählt.

Im April wählt die CDU Mitte turnusgemäß einen neuen Chef. Stephan Tromp ist dafür im Gespräch. Kein unbekannter Name in der Berliner CDU: Vater Winfried war Stadtrat – und studierte an der FU mit Kittelmann und Diepgen. STEFAN ALBERTI