Eine Nacht auf drei Wachen

Wie man in New York unliebsame Friedensaktivisten schikaniert: Heute stehen der Autor Lyte Shaw und die Künstlerin Emilie Clark vor Gericht

Die Besorgnis derjenigen Amerikaner, die unter Patriotismus nicht den Beifall für den Kriegskurs der Bush-Regierung verstehen, wächst. Meinungsfreiheit ist das eine, aber Schikane und schlecht nachweisbarer Boykott sind das andere. Heute stehen der Autor Lyte Shaw und die Künstlerin Emilie Clark wegen illegalen nächtlichen Plakatierens vor Gericht. Lyte Shaw und Emilie Clark gehören zu einer Gruppe von rund 50 Leuten, die vor der großen Friedensdemonstration am 15. Februar in Manhattan Fotos vom Alltagsleben in Bagdad klebten. Die Bilder stammen von Paul Chan, einem Fotografen, der mit dem Iraq Peace Team von Dezember bis Januar in Bagdad war. Ziel der Plakataktion war, wie die beiden schreiben, „unsere baldigen Opfer einfach als Menschen zu zeigen“.

Während des Plakatierens wurden Shaw und Clark von drei Polizisten gestellt. Natürlich ist illegales Plakatieren auch in New York nur eine Ordnungswidrigkeit. Doch obwohl die beiden sich ausweisen konnten, wurden ihnen Handschellen angelegt, und sie wurden zur Feststellung ihrer Personalien aufs nächstgelegene Revier verfrachtet. Nur eine Formalität, die eine Stunde dauern sollte.

Auf dem Revier wurden sie in getrennten Zellen eingesperrt und mussten zwei Stunden warten, bis ihre Papiere geprüft waren. Um halb zwei Uhr morgens wurde ihnen mitgeteilt, dass die Maschine für die Fingerabdrücke nicht funktioniere, weswegen sie auf ein anderes Revier gebracht werden müssten. Dort konnten ihnen in einer langwierigen Prozedur von wenigstens einer Stunde endlich die Fingerabdrücke abgenommen werden, woraufhin sie wieder ins erste Revier zurückverfrachtet wurden. Von hier aus mussten die Informationen nach Albany geschickt und erneut überprüft werden. Wieder eine Formalität von nur einer Stunde Dauer, nach der sie einen Gerichtstermin bekämen und gehen könnten, falls keine Haftbefehle gegen sie vorlägen. Aber um fünf Uhr morgens waren die beiden noch immer eingesperrt und in Handschellen. Schließlich bekam Lyte Shaw seinen Gerichtstermin, aber Emilie Clark, die im siebten Monat schwanger ist, wurde weiterhin festgehalten. Nur auf insistierendes Nachfragen kam heraus, dass ihre Fingerabdrücke misslungen waren. Sie wurde nun, obwohl die beiden gegen diese Behandlung protestierten, auf ein drittes Polizeirevier gebracht, wo sie erneut erkennungsdienstlich behandelt wurde. Zwei Stunden später, um sieben Uhr morgens, wurde auch sie endlich entlassen.

Während der ganzen Zeit wurden die beiden auf den verschiedenen Polizeidienststellen heftig bearbeitet, ja nicht zur Friedensdemonstration zu gehen. Zunächst fanden die Beamten, dass eine schwangere Frau, die sie zwar die ganze Nacht wach halten und schikanieren durften, dort ein viel zu großes Risiko eingehe, verletzt zu werden. Dann erwähnten sie mehrmals, dass das Gas Maze eingesetzt werden würde. Das ist für eine schwangere Frau natürlich eine ungeheuer beruhigende Information. Aber Einschüchterung gehört inzwischen zum amerikanischen Alltag. Und das trifft Hollywood-Stars wie Normalsterbliche. WBG