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: Das Ende des „westlichen Lagers“ – und seine Zukunft

Alle Bemühungen, die US-Regierung von einem Krieg gegen den Irak abzubringen, sind gescheitert. Der Krieg ist nicht „unvermeidbar“, wie jetzt oft behauptet wird. Es ist einfacher: Die Regierung Bush will Krieg, und niemand hat die Macht, sie daran zu hindern. Auch der Weltsicherheitsrat nicht. Was das UN-Gremium tatsächlich verhindern konnte, hat es getan: Der Angriffskrieg der USA gegen den Irak erhält keine völkerrechtliche Legitimation. Das verhindert nicht den Krieg, aber immerhin die Aushöhlung des Völkerrechtes.

Auch eine zivile Gesellschaft kann Verbrechen nicht verhindern – sie kommt deshalb dennoch nicht auf die Idee, Rechtsbrüche gutzuheißen. Genau das aber wollten die USA erreichen, und deshalb ist der Konflikt um den Irak schon sehr früh ein Streit ums Prinzip geworden. Vordergründig mit Massenvernichtungswaffen beschäftigt, stellten die USA ihren Verbündeten in Wirklichkeit die Frage, wie sie mit der neuen Doktrin umgehen wollen, die vorsorgliche Kriege gegen Staaten vorsieht, die den US-Interessen mittelfristig schaden können.

Wer sein Heil an der Seite der US-Regierung sah, übernahm die Falschmeldungen und vagen Behauptungen über irakische ABC-Waffen eins zu eins aus Washington oder setzte, wie die britische Regierung, noch eins drauf. Die anderen nahmen das Inspektionsregime ernster, als es der US-Regierung je lieb war, entlarvten die „Beweise“ Colin Powells vor dem Rat als offene Fragen, unbelegte Behauptungen oder schlichten Unsinn.

In Wirklichkeit aber führten auch die Kriegsgegner, insbesondere Frankreich, eine Scheindiskussion. Auch ihnen ist der Irak letztlich egal. Sie wollten vor allem vermeiden, dass der Sicherheitsrat seine Autorität dadurch verliert, dass er sich zum schlichten Erfüllungsgehilfen der US-Strategie macht. Diese Gefahr drohte, seit Präsident Bush im letzten Jahr die Vereinten Nationen vor die Wahl stellte, entweder mit den USA gegen den Irak vorzugehen oder „bedeutungslos“ zu werden. Die Drohung ist deshalb so wirkungsvoll, weil tatsächlich niemand derzeit eine Antwort darauf geben kann, wie die internationalen Sicherheits- und Rechtsstrukturen gegen den Willen der USA aufrechterhalten werden sollten.

Wäre die Kriegsargumentation der USA und Großbritanniens nicht so offensichtlicher Unsinn gewesen – Frankreich, Russland und vermutlich auch Deutschland hätten eigentlich gern mitgemacht. Vielleicht wird man sich in ein paar Jahren daran erinnern, dass dieser Irakkrieg zur Spaltung des früheren westlichen Lagers führte. Dann nämlich, wenn der gemeinsam geführte nächste Krieg die Lager wieder versöhnt. BERND PICKERT