rot-grüne außenpolitik
: Das Nein und die Folgen

Der Kanzler im Fernsehen, der Außenminister im UNO-Sicherheitsrat – keiner kann den Lauf der Dinge noch entscheidend beeinflussen. Trotzdem haben Gerhard Schröder und Joschka Fischer in der Außenpolitik geschafft, was ihnen in der Innenpolitik so oft misslingt: Sie haben Wort gehalten. Schröders öffentlicher Vorwurf an US-Präsident Bush, ohne Rechtfertigung Tausende in den Tod zu schicken, war die letzte Bekräftigung des deutschen Neins zum Krieg. Diese Standfestigkeit hätten Rot-Grün nur wenige zugetraut. Doch was kommt nach dem Nein?

Kommentarvon PATRIK SCHWARZ

Rot-Grün – das ist der Lohn der Abgrenzung von Amerika – ist in seiner Außenpolitik künftig freier denn je. Aber auch ratloser. Wir sind, wo die anderen sind – diese Maxime der Deutschen im westlichen Bündnis gilt nicht länger. Aber auch das Gegenteil trifft nicht mehr zu: dass, wo wir sind, automatisch auch all unsere Freunde sind.

Das liegt nicht nur an der Bundesregierung. Der Gegensatz zwischen Frankreich und Polen in der Irakfrage zeigt: Die Bundesrepublik hat inzwischen zu viele Partner mit zu unterschiedlichen Interessen, als dass sie sich stets mit allen einig sein könnte. Erstmals nach 1990 weist also niemand den Deutschen den Weg. Das ist so beunruhigend wie anspruchsvoll.

Bisher fehlt Rot-Grün dafür der Kompass. Das fällt jetzt umso deutlicher auf, als diese Regierung das Tal der Extreme durchmessen hat: Im Kosovo war sie für eine Intervention ohne UN-Mandat, im Irak dagegen. Bei beiden Entscheidungen spielte Joschka Fischers Bauch eine ungebührlich große Rolle: Einmal goutierte er den Krieg, das andere Mal meldete er: „I am not convinced.“

Für eine verantwortungsvolle Außenpolitik sind Bauchgefühle zu wenig. Zu nachvollziehbareren Maßstäben wird man kaum kommen, ohne einen Tabubruch zu begehen – und eine öffentliche Debatte über nationale Interessen zu führen. Die allerdings ist in Deutschland verpönt.

Hinter der Angst steht ein Missverständnis: Deutsche Interessen müssen nicht zwangsläufig egoistische sein. Weltverbesserungsprosa hilft dabei nicht weiter. Mehr Ökologie, mehr Gerechtigkeit, mehr Frieden für alle Welt? Das wird nicht ausreichen – sonst müssen wir demnächst Krieg gegen Chinas Kühlschrankproduktion führen, die das Weltklima bedroht. Gerade für Deutschland in einer Welt voller Freunde gilt: Nabelschau allein reicht nicht – selbst wenn sie gut gemeint ist.