„Verprügeln Sie sich selbst“

2500 Menschen demonstrieren gegen Krieg und Polizeigewalt durch Hamburger City. Polizeiversuche, die Demo zu verlegen, scheitern vor zwei Gerichten. Veranstalter fordern Untersuchungskommission zu Schlagstock-Übergriffen gegen Schüler

von KAI VON APPENund MARCO CARINI

Unter dem Motto „Gegen Krieg im Irak und Polizeigewalt auf Hamburgs Straßen“ demonstrierten gestern Abend rund 2500 Menschen – die meisten von ihnen SchülerInnen – durch die Hamburger Innenstadt. Die Demonstration, die von einem vielköpfigen Aufgebot an Polizei aus mindestens fünf Bundesländern und Bundesgrenzschützern begleitet wurde, blieb bis zum Redaktionsschluss absolut friedlich.

Dabei hatte die Polizei noch am Dienstag versucht, die angemeldete und von ihr bereits abgesegnete Demonstrationsroute zu kippen – mit der Begründung, nach internen Einschätzungen seien 1500 gewalttätige Störer im Demozug zu erwarten. Statt vom Gänsemarkt durch die Innenstadt zum Dammtor sollte es vom Platz der Jüdischen Deportierten ins Schanzenviertel gehen.

Die entsprechende Verfügung wurde Mitanmelder Christian Arndt gestern Mittag zugestellt. Erst eine Stunde vor Demobeginn um 17 Uhr genehmigte das Hamburger Verwaltungsgericht die angemeldete Route mit kleinen Einschränkungen: Statt über den Jungfernstieg musste der Zug über den Neuen Jungfernstieg zum Hauptbahnhof ziehen. Daraufhin legte die Polizeiführung Beschwerde gegen die Last-Minute-Genehmigung ein, die erst weit nach Demobeginn vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde.

Neben dem Angriffskrieg auf den Irak war vor allem der Polizeieinsatz gegen die Schüler-Antikriegsdemo vom vorigen Montag das Ziel der Proteste, die auch von der GEW und Ver.di unterstützt wurden. „Helfen Sie der Polizei – verprügeln Sie sich selbst!“ hieß es auf einem Transparent. Marie Köller von der Organisation „Jugend gegen Krieg“ forderte eine „öffentliche, unabhängige Untersuchung der Polizeiübergriffe“. Es sei „unerträglich, wenn ausgebildete Polizisten auf wehrlose Kindern losknüppeln“. Zudem dürfe es keine Sanktionen der Schulbehörde gegen Schüler, Lehrer und Schuldirektoren geben, die zur Teilnahme an dem Anti-Kriegs-Protest aufgerufen hätten.

Martin Dolzer vom AStA der Hochschule für Wirtschaft und Politik beklagte ebenfalls die „entwürdigenden Maßnahmen der Polizei gegen Kinder“. Die Stadt erlebe unter dem aktuellen Senat „einen permanenten Ausnahmezustand beim Umgang mit dem Demonstrationsrecht“.

Felix Lorentzen vom Vorstand der Schülerkammer kritisierte die durch den Polizeieinsatz beförderte Polarisierung der Schüler: „Viele Jugendliche, die die Übergriffe erlebt haben, werden sich nicht mehr auf eine Demo trauen, andere werden Aggressionen gegen die Polizei und diesen Senat aufbauen.“

Gegen 19.30 Uhr traf der Aufzug planmäßig am Dammtor zur Abschlusskundgebung ein. Zuvor war der Marsch am Hauptbahnhof von der polizeilichen Einsatzleitung gestoppt worden, weil diese in seitlich mitgeführten Transparenten Seile vermutete, deren Mitführung nicht geduldet werden könne. Obwohl sich diese Behauptung als haltlos und die Transparente als seillos erwiesen, mussten sie nach kurzen Verhandlungen eingerollt werden.