DAS MASSAKER IM KONGO ZEIGT: FRIEDEN LÄSST SICH NICHT VERORDNEN
: Bedrohung von innen und von außen

Bei einem Krieg wie dem in der Demokratischen Republik Kongo mit mehreren Millionen direkten und indirekten Opfern seit 1998, ist ein Massaker an 966 Menschen nicht der Höhepunkt des Grauens. Wenn die UN-Mission im Land das Blutbad von Drodro am vergangenen Donnerstag als das schlimmste des Krieges bezeichnet, verrät sie damit, dass sie selbst so etwas noch nie gesehen hat. Paradoxerweise ist dies ein Fortschritt. Wenn UN-Teams sich endlich an die Kriegsschauplätze begeben, können bewaffnete Gruppen im Kongo nicht mehr damit rechnen, dass ihre Verbrechen anonym und unbekannt bleiben.

Das Massaker von Drodro steht nicht nur für eine größere Aufmerksamkeit der UNO, sondern auch für eine immer größere Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit im Kongo. Während in Drodro gemordet wurde, feierten Politiker in der Hauptstadt Kinshasa das In-Kraft-Treten ihrer mühselig ausgehandelten Friedensabkommen.

Die internationale Kongo-Diplomatie muss umdenken: Bisher sieht sie jede Etappe auf dem Weg zur Umsetzung der Friedensabkommen als Fortschritt Richtung Frieden – während in der Realität mit jedem solchen Schritt die offizielle Politik sich weiter von der blutigen Wirklichkeit entfernt. Wahrscheinlich werden die Massenmörder und Kriegstreiber des Kongo bald einmütig zusammen in einem Kabinett sitzen und über die Aufteilung ausländischer Entwicklungshilfe reden – während ihre bewaffneten Anhänger irgendwo im Busch ungestört morden. Das ist untragbar. Nötig ist ein grundlegender Paradigmenwechsel, der Frieden von unten baut und nicht nur von oben.

Das größte Risiko für den Friedensprozess des Kongo kommt derzeit aber nicht aus dem Kongo. Es kommt aus den Nachbarländern Uganda und Ruanda, die sich derzeit beide aus innenpolitisch begründeter, nationalistischer Gefühlsaufwallung im Eiltempo auf einen blutigen Krieg gegeneinander zubewegen – voraussichtlich auf kongolesischem Gebiet. Wer im Afrika der Großen Seen Frieden stiften will, muss jetzt aktiv werden, um das zu verhindern. DOMINIC JOHNSON