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: Ally McBeal lässt‘s endlich gut sein

„Goodbye Ally“ (22.10 Uhr, Vox)

Vor einer Woche feierte sie noch ihren 32. Geburtstag, heute Abend um kurz nach elf verschwindet Ally McBeal – nach fünf Jahren – für immer vom Bildschirm, weil ihre erst vor kurzem aufgetauchte zehnjährige Tochter unheilbar an Boston leidet. Die Maschine nach New York wartet nicht.

Ist vielleicht auch okay so. Selbst die Folgen, die in der fünften Staffel noch von Ally-Erfinder David E. Kelley persönlich geschrieben waren, ließen den Esprit der Jahre zuvor vermissen. Und das ewige Thema Männer war nach Allys fast perfekter Romanze mit Larry alias Robert Downey Jr. in der vierten Staffel einfach ausgereizt. Da konnte auch der massive Einsatz prominenter Gastauftritte von Christina Ricci bis Heather Locklear oder Jon Bon Jovi nicht mehr viel helfen.

Die letze Folge spiegelt die Stagnation auf hohem Niveau wider: schlagfertige Dialoge, die Fleisch gewordenen Halluzinationen und die Skurrilitäten wie der Priester, der bei Richards überraschend anberaumter Hochzeit alle paar Sekunden ohnmächtig wird. Doch manches wirkt auch kitschig, etwa wenn Allys bester Freund John ihr eine Halskette aus Trümmersplittern des WTC schenkt. Insgesamt ist „Goodbye Ally“ ein durchaus würdevoller Abschied, aber ohne die dramaturgische Grandezza, mit der die Staffeln bisher endeten. Dass vorneweg ein Potpourri der frühen Jahre in Videoclip-Schnittgeschwindigkeit läuft, macht den Befund nur deutlicher. Überhaupt geht Kelley das Thema Nostalgie, weil es in diesem Fall nun einmal unvermeidbar ist, so offensiv wie möglich an. Es gibt eine Reihe von Rückblenden, in denen Ally ihrer Verflossenen gedenkt. Und viele Figuren aus der Serie kommen zu einem melancholischen und tränenreichen Abschied zusammen: aus dem Jenseits Billy, dessen Frau Georgia, die Zwillinge in der Bar, Allys Exmitbewohnerin Renee, Richards großes Womanizer-Vorbild Barry White.

„Naja, es gibt ja auch Anwaltskanzleien in New York“, sagt Ally, befragt nach ihrer Zukunft – aber sehr hoffnungsvoll klingt das nicht. Ihre letzten Worte: „Alles wird gut. Sonst würde ich doch nicht weinen.“

MALTE OBERSCHELP