Bilderrausch

Ehrgeizig bindet der Taschen Verlag sämtliche Zeichnungen und Gemälde Leonardo da Vincis in einen opulenten Prachtband von einigem Gewicht

von BRIGITTE WERNEBURG

11 Kilogramm schwer, rund 850 Reproduktionen auf annähernd 700 Seiten, dazu fast einen halben Meter hoch, und geöffnet 60 Zentimeter breit: nur Leonardo da Vinci kann dieser neue, Dimensionen sprengende Prachtband des Kölner Taschen Verlags gewidmet sein. Frank Zöllners „Leonardo da Vinci“ (Sämtliche Gemälde und Zeichnungen, 150 €) erschließt tatsächlich den ganzen Kosmos des Renaissance-Riesen, auf dessen Schultern wir noch immer die Zwerge sind, die nur wenig weiter blicken als er. Denn Leonardo, 1452 in Vinci, einem Dorf bei Florenz, geboren und 1519 in Amboise an der Loire gestorben, war eben nicht nur Maler und Bildhauer, sondern auch Dichter, Anatom, Hirnforscher, Stadtplaner, Ingenieur und Astronom. Entsprechend weit gestreut bietet sich sein nachgelassenes Werk dar.

Ausgehend von Briefen, Verträgen, zeitgenössischen Dichtungen und Tagebuchnotizen untersucht Frank Zöllner, Professor für Kunstgeschichte in Leipzig, im künstlerisch-biografischen Haupttext Leonardos Leben und Werk; er geht dabei Einflüssen und Wirkungsgeschichte nach und liefert schließlich im zweiten Teil des Bandes das erste Gesamtverzeichnis der verlorenen und erhaltenen Gemälde Leonardos. Erhaltungszustand, Maltechnik, Entwurfsprozess, Provenienz sowie Rezeptionsgeschichte sind in aller Ausführlichkeit dokumentiert. Ähnlich akribisch stellt Johannes Nathan vom kunsthistorischen Institut in Bern das zeichnerische Werk vor. Doch jenseits der wissenschaftlichen Meriten des Unternehmens – es glänzt vor allem mit einem: mit Bildern, Bildern, Bildern. Und die muss man gesehen haben. Im Detail und in der Totalen, ganz nah am Malgrund.