„Eine brachiale Art der Debatte“

„Schlicht nicht erbringbar“ nennt Wissenschafts-Staatssekretär Peer Pasternack die Sparsummen des Finanzsenators. Die Unis reagieren daher angemessen, findet er

taz: Herr Pasternack, was sagen Sie heute Berliner Abiturienten – können die im Wintersemester hier studieren, oder droht der Aufnahmestopp?

Peer Pasternack: Sie können sehr wahrscheinlich ab dem Wintersemester hier studieren.

Was halten Sie von dem geplanten Protest der Universitäten?

Die Universitäten reagieren in angemessener Weise auf diese recht brachiale Art des Finanzsenators, eine Debatte zu führen. Das können wir erstens verstehen und zweitens nicht richtig kritisieren. Wir werden uns den geplanten Aufnahmestopp aber anschauen. Das wird wohl rechtlich nicht haltbar sein. Wir werden die Humboldt-Universität fachrechtlich anweisen müssen, Studierende aufzunehmen.

Sie sagen „brachiale Art“ des Finanzsenators. Was macht Thilo Sarrazin falsch?

Es ist sein Job, nach Sparpotenzialen zu suchen. Es ist aber auch sein Job, nicht nur Finanztechnik, sondern auch Finanzpolitik zu veranstalten. Die hat die Aufgabe, ein Gemeinwesen lebensfähig zu erhalten. Im Zuge der Haushaltssanierung dürfen die Potenziale der Stadt nicht radikal abgewürgt werden. Das hätte sonst zur Folge, dass die Stadt irgendwann zwar einen sanierten Haushalt hätte, aber dennoch ein Sanierungsfall wäre.

Frei nach dem Motto „Operation gelungen, Patient tot“. Haben Sie denn den Eindruck, dass Sarrazins Operation, den Unis weitere 200 bis 600 Millionen Euro wegzunehmen, überhaupt gelingen kann?

Die Zahlen, die er nennt, sind schlicht nicht erbringbar. Wir reden jetzt über eine mittelfristige Finanzplanung bis 2007, da muss man sehen, was überhaupt möglich ist.

Sehen Sie da Sparpotenzial?

Zirka 90 Prozent der Unikosten sind Personalkosten, da bleibt kaum Spielraum. Es stellt sich die Frage, ob man das Schicksal von Studiengängen davon abhängig machen will, wer wann in Rente geht. Oder ob man das von inhaltlichen Überlegungen abhängig macht. Der Finanzsenator kann da lediglich Diskussionsanregungen geben.

Die Unis beklagen sich aber darüber, dass keine genauen Zahlen vorliegen, dass es Planungsunsicherheit gibt. Wer muss jetzt konkrete Sparsummen auf den Tisch legen? Die Unis, das Abgeordnetenhaus oder die Wissenschaftsverwaltung?

Wir legen doch keine Zahlen fest. Vielmehr untersuchen wir jetzt in Benchmarking-Prozessen, wo zum Beispiel in der Verwaltung noch Sparpotenzial ist, machen einen norddeutschen Ausstattungsvergleich und untersuchen in Arbeitsgruppen, ob durch die Zusammenlegung einzelner Bereiche wie Rechenzentren, Bibliotheken, Hochschulsport etc. noch zu sparen wäre. Wir stehen in den Hochschulvertragsverhandlungen und möchten sie auch rechtzeitig im Interesse der Unis abschließen. Ich gehe davon aus, dass die akademischen Senate der Unis ihre Beschlüsse dann auch wieder rückgängig machen können. INTERVIEW:
ADRIENNE WOLTERSDORF