Gegen das „Chaos der Waffen“

Der neue palästinensische Regierungschef Abu Masen kommt Israel entgegen. Er will illegale Waffen konfiszieren. Nun können die USA ihren Nahost-Fahrplan veröffentlichen. Powell verkürzt seine Reise in die Region und fährt zunächst nur nach Syrien

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Mit einer klaren Kampfansage an die Opposition hat der neue palästinensische Premierminister Machmud Abbas gestern sein Amt angetreten. Von einem „Chaos der Waffen“ sprach der unter dem Kampfnamen Abu Masen bekannte Politiker in seiner Antrittsrede vor dem Parlament in Ramallah. Das zu beenden, sei eine zentrale Aufgabe der neuen Regierung. Für den palästinensisch-israelischen Konflikt gebe es „keine militärische Lösung“.

Die Konfiszierung illegaler Waffen war wiederholte Forderung der israelischen Regierung, ebenso die Einstellung der antiisraelischen Hetze in den palästinensischen Medien. Auch hier liefert Abu Masen, wenn er gegen die „Sprache der Provokation“ wettert, der Regierung in Jerusalem die gewünschte Ware. Mit deutlich weniger Genugtuung dürfte dort hingegen seine Vorstellung hinsichtlich der Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge aufgenommen werden, die er an die UNO-Resolution 194 knüpft. Dort wird grundsätzlich „das Recht der Flüchtlinge, an ihre Wohnorte zurückzukehren“, genannt. Nur wer freiwillig auf sein Rückkehrrecht verzichte, solle entschädigt werden. An dem Konflikt über das Rückkehrrecht scheiterten im Sommer 2000 die Friedensverhandlungen in Camp David.

Die israelische Regierung will vor einer Wiederaufnahme der Verhandlungen eine Verzichtserklärung der Palästinenser in der Flüchtlingsfrage hören. Abu Masen lehnt dies hingegen ab. Der Nahost-„Fahrplan“, jüngste Friedensinitiative der USA, EU, UNO und Russlands, liege „zur Umsetzung“ vor und „nicht, um darüber zu verhandeln“. Der internationale Friedensplan sollte nach Vereidigung der neuen palästinensischen Minister veröffentlicht werden. Israel hatte zuvor 15 Änderungswünsche vorgebracht.

Dem eigenen Volk versprach Abu Masen mehr Transparenz im finanziellen wie im administrativen Regierungsgeschehen sowie verbesserte Lebensbedingungen. Ähnlich wie Palästinenserpräsident Jassir Arafat, der die Sitzung mit einem lebhaften Appell an die Abgeordneten eröffnete, dem neuen Kabinett das Vertrauen auszusprechen, machte auch Abu Masen die israelischen Militäroffensiven, Belagerungen und Blockaden für Armut und wirtschaftliche Not verantwortlich. Und ähnlich wie sein Vorredner betonte er, dass die vom „palästinensischen Volk angestrebte dauerhafte Friedenslösung“ den kompletten Abzug aus den 1967 besetzten Gebieten, einschließlich Jerusalems, beinhalten müsse.

Bereits im Vorfeld der Abstimmung bestanden kaum Zweifel darüber, dass das Parlament Abu Masen und den von ihn bestimmten Ministern das Vertrauen aussprechen würde. Ungeachtet der scharfen Interessenskonflikte, die Arafat und Abu Masen in der vergangenen Woche miteinander ausfochten, demonstrierten die beiden vor dem Parlament ungetrübte Harmonie.

Obschon mit der Vereidigung der Minister der Weg für die Veröffentlichung des „Fahrplans“ geebnet ist, will US-Außenminister Colin Powell nicht in die Region kommen. Seine geplante Nahost-Reise führt ihn vorläufig nur nach Syrien. Erst Mitte Mai steht ein weiterer Besuch des US-Außenministers an. Auf palästinensischer Seite stieß die Absage auf wenig Sympathie. Es sei eine „kritische Zeit, die schnelles Handeln erfordert“, kommentierte der Minister Saeb Erikat.