Arbeit ohne Grenzen

Gats: Die EU präsentiert ihr Angebot an liberalisierbaren Dienstleistungen. Neu ist eine geplante Quotenregelung für ausländische Arbeitnehmer

von KATHARINA KOUFEN

Trotz aller Proteste und Vorbehalte: Die Europäische Union hat sich nun doch auf eine gemeinsame Position beim Handel mit Dienstleistungen geeinigt. EU-Handelskommisar Pascal Lamy stellte gestern mit einer Verspätung von einem Monat in Brüssel das Angebot der Union vor. Es wird im Rahmen des Gats-Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO) verhandelt. Die Mitgliedsländer listen darin auf, in welchen Bereichen sie künftig auch ausländischen Bewerbern gestatten wollen, Dienstleistungen anzubieten. Lamy wies darauf hin, dass die besonders umstrittenen Bereiche Bildung, audiovisuelle Medien und Gesundheit zunächst ausgenommen blieben. Auch die Trinkwasserversorgung gehöre nicht zum Angebot.

Der Grund für die Verzögerung: Die EU-Kommission hatte den Entwurf bereits einen Monat zu spät an die Mitgliedsländer verschickt. Es seien mehr als 2.000 Anfragen aus der Bevölkerung nach Brüssel gemailt worden, die man zuerst habe beantworten müssen, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. In Deutschland ließ die rot-grüne Fraktion nach zahlreichen Protesten von Gewerkschaften und kritischen Verbänden das Thema im Bundestag debattieren. Das Ergebnis war ein „Vorbehalt“, den die Parlamentarier gegenüber der bis dato verfassten Angebotsliste formulierten. Das bedeutet, die Liste soll von deutscher Seite jederzeit revidierbar sein, falls der Bundestag dies nach ausführlicherer Auseinandersetzung mit dem Thema wünscht. Bis dahin gilt die Version, die gestern in Brüssel vorgelegt wurde.

Sie ist seit Ende März nur leicht verändert worden – und zwar in dem Punkt, der bei den Gewerkschaften besonders umstritten war: der Arbeitserlaubnis für Ausländer. Zunächst hatte Deutschland – zusammen mit anderen Ländern wie Spanien und Griechenland – auf eine wirtschaftliche Bedarfsprüfung gedrängt. Bevor beispielsweise ein Architekt aus Osteuropa für einen begrenzten Zeitraum in der EU arbeiten dürfte, hätte man die Stelle zunächst innerhalb der EU ausschreiben müssen. Jetzt haben sich die Mitgliedsländer jedoch auf eine Quotenregelung geeinigt. „Wie diese Regelung genau aussehen wird, ist noch völlig unklar“, so ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums. Die Kommission habe eine Bedarfsprüfung nicht gestattet. Erstens wegen des immensen bürokratischen Aufwands und zweitens, weil vor allem die Entwicklungsländer dies als ein De-facto-Verbot für die Entsendung ausländischer Arbeitnehmer aufgefasst hätten.

Die Gewerkschaft IG BAU kritisierte die Quotenregelung. „Sie ist ein echter Rückschritt“, sagte Sozialreferentin Annelie Buntenbach der taz. Die Gewerkschaften warnen seit geraumer Zeit vor den Gefahren des Abkommens, weil sie ausländische Dumpingarbeiter fürchten, die das heimische Lohnniveau und die Sozialstandards drücken.

Die Gats-Verhandlungen sollen bis 2005 abgeschlossen sein. Für September ist in Cancun das nächste WTO-Ministertreffen geplant. Es gilt als Meilenstein für das Abkommen.