Aschenputtel in Teheran

„Baran“: Coming of Age und Schwarzarbeit im Film des Iraners Majid Majidi

1,5 Millionen afghanische Flüchtlinge leben heute im Iran. Viele von ihnen halten sich mit Schwarzarbeit auf dem Bau über Wasser. Einen Ausschnitt aus dem Leben dieser illegalen Arbeiter erzählt der Film „Baran“, des Iraners Majid Majidi. Ausgezeichnet bei Filmwettbewerben in Teheran und Montreal, hat er nun auch einen deutschen Verleih gefunden. In Bremen ist er im Cinema zu sehen.

Auf einer iranischen Großbaustelle wird der afghanische Flüchtling Rahmat eingestellt. Doch der zarte Junge verkraftet die harte Maurer-Arbeit nicht, also setzt man ihn in der Küche ein. Dort macht der rüpelhafte Iraner Lateef dem Jüngeren das Leben schwer. Doch eines Tages geschieht etwas, das Rahmats und Lateefs Leben verändert: Aus dem Raum des Flüchtlingsjungen erklingt klarer, süßer Gesang, und hinter dem Vorhang erblickt Lateef eine schemenhafte Gestalt. Sie kämmt ihr seidiges, dunkles Haar.

Heimlich folgt Lateef ihr aufs Dach, wo sie Dutzende von wilden Tauben mit Brotresten füttert. Und obwohl das sanfte Kind Rahmat quasi bis zur Unkenntlichkeit in Tücher vermummt ist, liegt etwas in ihrer Haltung, ihrer Ruhe, ihrem dunklen Blick, das jeden Zweifel unmöglich macht: Rahmat ist in Wirklichkeit ein junges Mädchen. Ihr wahrer Name ist Baran. Kaum hat Lateef ihr Geheimnis entdeckt, verschwindet sie spurlos.

Majidi inszeniert Barans Weiblichkeit in sehr zurückhaltender Weise: Im Halbdunkel erkennt Lateef gerade ein paar Strähnen dunklen Haars, als er ihrem Geheimnis auf die Spur kommt; ihr Körper ist immer verhüllt. Doch um so klarer strahlt ihr seltenes Lächeln aus dem teichgrünen Kopftuch, als sie das Dasein als graues Aschenputtel hinter sich lässt.

Für den westeuropäschen Geschmack wird in „Baran“ ein bisschen viel auf die Tränendrüse gedrückt. Doch vielleicht dürfen iranische Männer ja öfter weinen. Katharina Müller

im Cinema am Ostertorsteinweg