Online in den Ruin gerollt

Verfassungsgericht verhandelt über das Internet-Roulette. GAL: Senat hätte Lizenz dafür nicht erteilen dürfen

Es ist ein „real game“, wie die Spielbank Hamburg ihr Online-Roulette lobt. Ob der Einsatz per Mausklick aber auch ein neues Glücksspiel ist oder nur eine neue Form für ein altes Spiel, ist die Frage, die über das Weiterrollen der Roulettekugel im Internet entscheiden wird. Der Senat sagt, das Online-Roulette biete lediglich die „technisch vermittelte Teilnahme“ an einem im Casino gespielten Spiel – und sei deshalb vom Gesetz gedeckt, welches das Roulette an staatlich lizensierten Tischen erlaubt. Die GAL-Bürgerschaftsfraktion hält dagegen, dass der Senat das Angebot, das es seit Oktober gibt, als ganz neues Spiel auf Grundlage des alten Gesetzes nicht hätte lizensieren dürfen. Die GAL hat daher vor dem Landes-Verfassungsgericht geklagt. Das verhandelte gestern über die Klage der Grünen.

Für die GAL ist das Online-Roulette kein unterhaltsames Spiel, sondern eine ernsthafte Gefahr. Das Suchtpotenzial sei sehr groß, die Gefahr, viel Geld zu verlieren, ebenso. Deshalb, so gestern GAL-Rechtsanwältin Bettina Kähler, müsste die Spielbank Vorkehrungen zum Schutz der Spieler treffen. Es müsste eine Möglichkeit geben, deren Spiel zu überwachen und einzuschreiten, falls jemand als „pathologischer Spieler“ auffällig wird. Das sei nur möglich beim Spiel im Casino, in Anwesenheit von Croupiers und Saalchefs. Das Gesetz aus dem Jahr 1976, in dem „an so etwas wie Internet noch gar nicht zu denken war“, gehe deshalb von einer solchen Präsenzpflicht aus. Ihr Fazit: Die Lizenz für das Online-Roulette ist null und nichtig.

Der Senat hält dagegen, dass dem Gesetz zum einen eine Präsenzpflicht nicht entnommen werden könnte. Zum anderen sei dessen Zweck ohnehin nicht der Schutz der Spieler vor der Suchtgefahr. Das legale Glücksspiel in Casinos sei erlaubt, um die Spieler vor Betrügereien bei illegalen Angeboten zu schützen: „Gewinn und Verlust“, so Staatsrat Robert Heller gestern vor dem Verfassungsgericht, „soll allein vom Glück und nicht von Manipulation abhängen.“ Und selbst wenn das Gesetz Schutzmaßnahmen gegen Spielsucht verlangen würde, hätte die Spielbank dem beim Online-Roulette Genüge getan: Das erfordert eine vorherige Anmeldung unter Vorlage eines Personalausweises.

Die Richter des Verfassungsgerichtes haben sich noch keine abschließende Meinung gebildet, wie Präsident Wilhelm Rapp betont. Vor der Entscheidung will es zunächst die Protokolle des Gesundheitsausschusses der Bürgerschaft lesen, der imvergangenen Sommer eine Expertenanhörung zum Online-Roulette durchgeführt hatte – und keine Zeit hatte, daraus ein Fazit zu ziehen, weil der Senat zwischenzeitlich Fakten geschaffen und die Lizenz erteilt hatte. Doch auch wenn das Verfassungsgericht die Lizenz für rechtswidrig erklärt, so Rapp, werde das womöglich kaum Konsequenzen haben. Denn dann könnte die Bürgerschaft für das Roulette das Spielbankgesetz ändern – „und die Mehrheitsverhältnisse sind da relativ klar“. ELKE SPANNER