Ein paar Gesten guten Willens

Die USA bringen heute einen Resolutionsentwurf zur Aufhebung der Irak-Sanktionen in den Sicherheitsrat ein. Weiter Streit über die Rolle der UNO

von BERND PICKERT

Der Streit im Weltsicherheitsrat um die Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak geht in eine entscheidende Phase. Bereits am Mittwoch hat die US-Regierung angekündigt, einseitig die Handelssanktionen gegen den Irak zu lockern. Noch am heutigen Freitag will sie – gemeinsam mit Spanien und Großbritannien – im Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorlegen, der die Aufhebung der Sanktionen beschließt. „Das Regime, gegen das sich die Sanktionen richteten, existiert nicht mehr“, sagte US-Präsident George W. Bush am Mittwoch in Washington.

Um das Ende der 1990 beschlossenen Strafmaßnahmen gegen Irak hatte es bereits seit dem Ende der Kampfhandlungen Streit gegeben. Während die USA sofort auf die Aufhebung der Sanktionen drängten, bestanden die Kriegsgegner Frankreich und Russland zunächst darauf, für die Aufhebung müssten die Bedingungen zweifelsfrei erbracht sein. Insbesondere müsste durch UN-Waffeninspekteure festgestellt sein, dass der Irak tatsächlich nicht mehr über Massenvernichtungswaffen verfüge.

Mit dieser Position steht inzwischen die russische Regierung alleine da – wohl der Grund, warum gestern denn auch der russische Außenminister Igor Iwanow nach einem Treffen mit seinem saudi-arabischen Kollegen Prinz Saud al-Faisal vorsichtig Kompromissbereitschaft zeigte: Die Sanktionen, die die humanitäre Hilfe blockierten, könnten ausgesetzt oder aufgehoben werden, schlug er vor. Der Kernbereich der Handelssanktionen aber solle zunächst in Kraft bleiben.

Unter dem als Ausnahmeregelung 1995 gestarteten „Öl für Lebensmittel“-Programm war Russland der wichtigste Handelspartner des Irak geworden. Von einer schnellen Aufhebung der Sanktionen, so die allgemeine Erwartung, würden vor allem Firmen aus den kriegführenden Ländern profitieren, allen voran die USA. Erst gestern wurde bekannt, dass die US-Regierung ihren Auftrag an den früher von Vizepräsident Dick Cheney geführten Ölkonzern Halliburton erweitert und das Unternehmen nun auch mit der Förderung und dem Vertrieb von irakischem Öl beauftragt hat.

Die deutsche Regierung, vor dem Krieg mit Frankreich und Russland in der Anti-Kriegs-Achse verbunden, hielt sich im Streit um die Sanktionen zunächst völlig bedeckt, und Frankreich bot recht bald einen Kompromissvorschlag an, nach dem eine vorübergehende Aussetzung der Sanktionen beschlossen werden könnte, bis es irgendwann zu einer endgültigen Entscheidung des Sicherheitsrates käme.

Jetzt hat die Bundesregierung signalisiert, sie sei an einem „Konsens“ im Sicherheitsrat interessiert – eine weitere Geste guten Willens gegenüber der US-Regierung, bevor in einer Woche US-Außenminister Colin Powell nach Berlin kommt, wo er nicht nur Außenminister Joschka Fischer, sondern auch den Bundeskanzler treffen will.

Uneinig sind sich die Vorkriegskontrahenten weiterhin über die Rolle, die die Vereinten Nationen im Irak spielen sollen. Frankreich, Deutschland und Russland möchten, dass in der Resolution bereits festgeschrieben wird, dass der Wiederaufbau des Irak im Wesentlichen unter dem Dach der UNO stattzufinden habe. Die USA hingegen formulieren zwar in ihrem Resolutionsentwurf eine Aufgabe der UNO, definieren diese aber nicht weiter. Allerdings soll die UNO, wie Agenturen unter Berufung auf Diplomaten berichten, in einem neuen Gremium vertreten werden, das die Einnahmen aus den Ölexporten des Irak verwaltet. Dem sollen auch Vertreter der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und der US-Ölindustrie angehören.