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Muster Iran?

Das politische System der Islamischen Republik Iran ist die welayate faqih, die „Regierung des Rechtsgelehrten“. Ein faqih ist ein Experte für religiöses Recht, der über die höchsten Qualifikationen verfügt, gerecht und hoch gelehrt ist.

Diese Position ist mit zahlreichen Befugnissen ausgestattet: unter anderem der Ernennung der Rechtsgelehrten im einflussreichen Wächterrat. Er muss allen Gesetzen zustimmen, siebt die Kandidaten für Wahlen aus, entscheidet über Krieg und Frieden, hat den Oberbefehl über die Streitkräfte, ernennt die Oberfehlshaber der drei Waffengattungen und kann den gewählten Präsidenten absetzen. Weltliche und geistliche Macht liegen zentral in einer Hand.

Nach dem Tod von Revolutionsführer Ajatollah Chomeini ging diese Position an Ali Chamenei über, der weder über die religiöse Autorität nach das Charisma seines Vorgängers verfügt.

In der iranischen Verfassung ist ausdrücklich festgelegz, dass der religiöse Führer sein Amt in der Abwesenheit des 12. Imam ausübt. Der Schiismus kennt zwölf Imame in der Nachfolge des Propheten Mohammed; der zwölfte „verschwand“ im Jahre 874. Die Schiiten glauben, dass er noch lebt. Diese Phase der „Verborgenheit“ wird erst beendet, wenn der Mahdi oder Erlöser am Ende der Zeiten kommt, um ein Reich der Gerechtigkeit und Wahrheit zu errichten.

Auch im traditionellen Schiismus hat es allerdings immer sehr unterschiedliche Vorstellungen gegeben, wie man die Zeit der „Verborgenheit“ überbrücken soll. Im Konzept Chomeinis einer Art stellvertretenden Herrschaft auf Erden sahen viele Geistliche einen unzulässigen Vorgriff auf die Herrschaft des Mahdi. B.S.