US-Spürnasen geben auf

Amerikanisches Expertenteam von Waffensuchern soll im kommenden Monat den Irak verlassen – ohne nennenswerte Hinweise auf Massenvernichtungswaffen gefunden zu haben. Mutmaßliche Leiterin des Biowaffenprogramms gefasst

aus Washington MICHAEL STRECK

Sie sollten der US-Regierung nachträglich die Legitimation für den Irakkrieg liefern: Der Waffensuchtrupp „75th Exploitation Task Force“. Biologen, Chemiker, Atomphysiker und Militärspezialisten waren nach der Eroberung von Bagdad in den Irak eingerückt, um jene Waffen aufspüren, mit denen Saddam die Welt bedrohte und die den UNO-Waffeninspektoren durch die Lappen gegangen waren. Nun schmeißen auch die Hightech-Spürnasen das Handtuch.

Offenbar will die US-Regierung auch nicht darauf warten, ob die gestern gefasste Wissenschaftlerin Rihab Taha Informationen über Waffen liefern kann. Die als „Dr. Bazillus“ bekannte Frau gilt als Leiterin des irakischen Biowaffenprogramms.

Die Waffensuche der USA hatte furios begonnen: Anfang Februar präsentierte US-Außenminister Colin Powell im UNO-Sicherheitsrat sein Wissen über irakische Massenvernichtungswaffen: Verstecke von chemischen und biologischen Kampfstoffen sowie Raketen und ein mögliches Nuklearprogramm. Viele Amerikaner ließen sich überzeugen, die Weltöffentlichkeit blieb jedoch ungläubig, und einige der „gesicherten Beweise“ stellten sich als veraltete oder harmlose Informationen heraus.

Die wochenlange Suche nach fassbaren Beweisen ist bisher jedoch „frustrierend“ verlaufen, wie die Washington Post am Wochenende berichtete. Die Task Force werde daher schon im nächsten Monat abreisen, ohne einen Beweis für die wirkliche Existenz von Massenvernichtungswaffen gefunden zu haben. Die mit modernster Technik ausgerüsteten mobilen Labors der Task Force kamen kaum zum Einsatz und konnten nicht einmal Spuren von Kampfstoffen ausmachen. Der Chef der Task Force, Oberst Richard McPhee, ist nicht mehr so sicher, dass es den US-Militärs überhaupt gelingen wird, Beweise für die Entwicklung chemischer oder nuklearer Waffen zu finden. „Weiß ich, wo sie sind? Aber wir werden sie finden. Oder nicht. Ich weiß nicht.“

Sein oberster Feldherr George W. Bush klang am 1. Mai anders, als er auf dem Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ das Kriegsende im Irak verkündete. „Wir haben die Suche nach versteckten chemischen und biologischen Waffen begonnen und wissen von hunderten Orten, die untersucht werden.“ Das Pentagon hatte erst vor wenigen Tagen erklärt, die USA wollten die Zahl ihrer Waffeninspektoren auf über 2.500 verdreifachen.

Bei den Experten machte sich jedoch schnell Ernüchterung breit. Die Untersuchung von 70 der 600 verdächtigen Plätze brachte keine Hinweise.

Die Jagd nach den Waffen soll jedoch nach dem Willen der US-Regierung weitergehen. Eine „Iraq Survey Group“, deren Kompetenzen und Umfang unklar sind, soll die Task Force ersetzen.