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: Die saudische Monarchie verliert ihre US-Freunde – und ihre Zukunft

Es war exakt die Art von Anschlag, vor der US-amerikanische und saudische Behörden gewarnt hatten: Das Ziel waren Amerikaner und Bürger anderer westlicher Staaten, die Angreifer islamistische Selbstmordattentäter. Wer noch einen Beweis brauchte, der hat ihn jetzt: Al-Qaida selbst oder ihr wesensverwandte saudische Gruppen sind trotz aller Repression nach wie vor in der Lage, logistisch anspruchsvolle Terroraktionen durchzuführen. Doch das Ziel der Täter bestand nicht nur darin, ihre Handlungsfähigkeit zu belegen. Sie wollten Saudi-Arabien und seine korrupte Monarchie destabilisieren. Das dürfte ihnen mit den Anschlägen vom Montag gelungen sein.

 Buchstäblich über Nacht haben die Spannungen im saudisch-amerikanischen Verhältnis zugenommen. Der gerade erst angekündigte Abzug der US-Armee aus dem Wüstenstaat dürfte jetzt entfallen, schon um den Islamisten nicht die triumphierende Behauptung zu erlauben, sie hätten die Hypermacht aus dem Land gebombt. Wenn nun die Soldaten bleiben, bieten sie Ziel und Legitimation für neue Anschläge. Zugleich aber dürfte sich der Charakter der US-Präsenz spürbar ändern: Die GIs sind nicht mehr länger die freundlichen Beschützer, sondern sie werden ohne sonderliche Rücksichtnahme den Kampf gegen die al-Qaida auch in Saudi-Arabien aufnehmen.

 Ins Zentrum des Blickfeldes der USA geraten aber das Königshaus und die mit ihm verbandelte islamisch-wahhabitische Rechtsgelehrsamkeit. Nicht auf militärischer Macht, sondern auf einer expansionistisch orientierten Variante des Islam beruht das Selbstverständnis der saudischen Herrschaft. Zwar kooperieren ihre Behörden mit den USA im Kampf gegen die gewaltbereiten Islamisten. Aber, so werden die Amerikaner jetzt fragen, was tut die saudische Regierung gegen die radikalen Prediger, die von den Minaretten zum Kampf aufrufen? Wieso leistet sich das Königshaus Diplomaten in den westlichen Hauptstädten, die – wenn schon nicht immer materiell, so doch ideologisch – islamistische Gruppen unterstützen? Wie viel Geld fließt wirklich über saudische Kanäle an die Dschihad-Kämpfer in Zentralasien?

 Den internationalen Terrorismus scheint die Regierung in Riad mehr zu fördern als die alte in Bagdad. Wenn erst einmal die US-Herrschaft im Irak gesichert und damit die strategische Abhängigkeit vom saudischen Öl und den Stützpunkten auf der arabischen Halbinsel reduziert ist, könnten die Amerikaner die Wahhabiten-Monarchie den Schurkenstaaten zuschlagen. Eine Invasion würde sich dann aber erübrigen – ihre Truppen stehen bereits im Lande.

YASSIN MUSHARBASH