Der unabhängige Dritte

Vom ungeliebten Lizenzstachel im Fleisch der Privatsender zum Programmbetreiber in eigener Sache: „Spiegel TV“ und Alexander Kluges Fernsehkiosk DCTP gibt es auch schon seit 15 Jahren. Dazu seit 2001 den eigenen Doku-Kanal XXP

BERLIN taz ■ Vier Jahre nach Einführung des Privatfernsehens rieben sich am späteren Abend des 2. Mai 1988 so manche Zuschauer verwundert die müden Augen. Was da im Programm des damals noch RTL plus benamsten Kanals lief, passte so gar nicht in die seichten Erwartungen an das „neue“ Fernsehen: Es war „10 vor 11“, eine eher sperrige Angelegenheit einer genauso sperrig klingenden Firma, Alexander Kluges Development Company for Television Programm (DCTP).

15 Jahre später klingt DCTP, an der neben Kluge noch der Spiegel Verlag und der japanische Konzern Dentsu Inc. beteiligt sind, noch genauso sperrig. Doch die Produkte des Hauses gehören längst zum deutschen TV-Kanon und zeigen, dass auch im privaten Fernsehen Anspruch, Minderheiteninteressen und ungewöhnliche Darreichungsformen – zumindest begrenzt – möglich sind. „Spiegel TV“ und nach und nach daraus entstandene Formate wie „Spiegel TV Reportage, Spiegel TV Sepecial“ machten den Anfang, „Stern TV“ folgte planmäßig. Weitere Partner bei DCTP sind heute u. a. die BBC („BBC exklusiv“), die Neue Zürcher Zeitung („Format NZZ“) und die Süddeutsche Zeitung („Süddeutsche TV“).

Die Sendungen laufen auf RTL, Sat.1 und Vox, wo DCTP selbst Minigesellschafter mit 0,3 Prozent der Anteile ist. Bei RTL und Sat.1 sorgt eine Klausel der nordrhein-westfälischen Mediengesetzgebung für die manchmal gar nicht in den Progammfluss passende DCTP-Präsenz. Hier ist Alexander Kluge der „unabhängige Dritte“, der per Gesetz bei Privatsendern mit mehr als 10 Prozent Marktanteil Sendezeit eingeräumt und finanziert bekommen muss.

„Das Fernsehen gehört nicht den Konzernen allein“ – mit diesem Schlachtruf hatten sich Kluge und die NRW-Medienpolitik in der Steinzeit des Privatfernsehens gefunden. Und auch wenn DCTP jetzt so etwas wie ein kleiner Konzern neben den ganz großen der TV-Branche geworden ist: „Es bewirbt sich neben DCTP immer auch jemand Zweites um diese Lizenzen“, sagt Kluge. Dass seine Programme regelmäßig das Gros dieser Unabhängiger-Dritter-Sendeplätze füllen, stört ihn aber sichtlich nicht. Vorbei sind auch die Zeiten, als die Privaten regelmäßig gegen die Drittregelung Sturm liefen: „Die brauchten eben eine gewisse Zeit, um zu erkannen, dass wir mit ihren Sendeplätzen kein Schindluder treiben, sondern uns auch um eine ordentliche Quote bemühen.“

Auch wenn das für manches von Kluges „Privatprogrammen“ wie „News and Stories“ oder „10 vor 11“ eher kühn klingt: „Spiegel TV“ und seine anderen Doku-Ableger funktionieren bestens. So gut, dass vor zwei Jahren „Spiegel TV“ und DCTP einen eigenen Sender an den Start schickten: XXP. Was zunächst nur als Projekt im Raum Berlin geplant war, läuft jetzt auch im Fernsehkabel von allen norddeutschen Bundesländern, NRW und Rheinland-Pfalz. Bislang wird überwiegend das Programm von „Spiegel TV“, BBC und DCTP recycelt, ein behutsamer Ausbau des Programms ist aber nicht ausgeschlossen: Man habe sich allerdings vorgenommen, sagt „Spiegel TV“-Chef Stefan Aust, „uns mit XXP nicht zu ruinieren“.

STEFFEN GRIMBERG