Bring es zurück

Zappeln und Arme in die Höhe reißen und so richtig schwitzen: Moloko begeisterten in der Columbiahalle

Roisin Murphy gab mal die schimmernde Fee, mal die glaubwürdige Breakdancerin

Hobby-DJs, die bevorzugt für Erstsemesterpartys der Juristischen Fakultät oder die Geburtstagsparty der eigenen jüngeren Schwester gebookt werden, kennen das Problem mit den „hast du auch was von U2 oder Nena“- Fragern nur allzu gut. Um sich diese Spezies der DJ-Pultmeckerer auf eher unhippen Veranstaltungen vom Leibe zu halten, muss etwas Fluffiges, locker Tanzbares, Eingängiges her, etwas, das allen gefällt und bei dem man als DJ dennoch seine Würde bewahrt. Hundertprozentiger Treffer in diesem Fall: Moloko. Am besten gleich „Bring It Back“, den Überhit, den Evergreen, den man schon so oft gehört hat, der aber erstaunlicherweise noch überhaupt keine Patina angesetzt hat.

„Bring It Back“ spielten Moloko natürlich auch bei ihrem Konzert in der Columbiahalle. Ganz zum Schluss, als Höhepunkt eines fulminanten Konzerts. Anfangs war es nicht ganz klar, was einen überhaupt außer „Bring It Back“ hier erwarten würde. Moloko klingen inzwischen wie eine Mischung aus Kylie Minogue und St. Etienne, also mainstreamig und trotzdem gut. Sängerin Roisin Murphy sieht aus wie Debby Harry, gibt sich aber gerne auch ätherisch-verklärt wie Marlene Dietrich, und von dem unscheinbaren Typen an ihrer Seite, Mark Bryden, weiß man schlichtweg gar nichts, oder besser: Man will gar nichts über ihn wissen.

Es wäre also alles Mögliche denkbar gewesen bei diesem Konzert. Von „Profis ziehen ihren Stiefel“ durch bis hin zu Diva Murphy. Aber dann kam es doch noch mal anders. Zeitweilig dachte man nämlich gar nicht mehr, auf einem Popkonzert zu sein, sondern auf einem waschechten Rave, von mir aus auf der Mayday, der Mutter aller hochnotpeinlichen aber irgendwie geilen Monsterraves. Denn Moloko ließen bei ihren Dance-Stücken eine so gefährlich fette Wumm-Wumm-Bassdrum raus, dass man nur noch verschreckt dazu zappeln konnte. Und alle zappelten, rissen die Arme in die Höhe und schwitzten, als hätten sie einen Zwölfstundendauerrave komplett durchgehalten, der gerade seine Endphase erreicht.

Eine Wucht war natürlich auch Roisin Murphy, die mit ihren Klamotten auch ihr komplettes Erscheinungsbild wechselte und immer wieder in neue Rollen schlüpfte. In ihrem zartblau schimmernden Rüschenkleidchen spielte sie die Fee, im Dreistreifen-Trainingsanzug gegen Ende hätte sie sich auch glaubwürdig bei einer Kreuzberger Breakdancecrew bewerben können.

Überhaupt wirkten Moloko bei diesem Konzert plötzlich wie die allercoolste Band der Welt. Keines der Stücke wurde einfach nur runtergenudelt, sondern man hatte immer das Gefühl, man würde gerade einen Remix hören, angefertigt von DJ Superhip; der selbst allerdings auf seiner eigenen Geburtstagsparty jederzeit „Bring It Back“ im Original auflegen würde.

ANDREAS HARTMANN