Riga, Skonto Halle, 21 Uhr, Lettland

Drei Monate lang mussten die Verantwortlichen Woche für Woche Arbeitszettel an die Eurovision nach Genf schicken: nur um nachzuweisen, dass Halle samt Mediakomplex, eigens für den 48. Grand Prix Eurovision umgebaut, auch wirklich fertiggestellt werden. Die Wahrheit aber war immer: Eine Alternative zu Riga gab es nie. Um 21 Uhr beginnt die Show in der Skonto Halle, dort, wo gewöhnlich die hauptstädtische Jugend Fußballtrainingsbällen nachjagt.

Moderiert wird der Abend von Maria Naumova, die unter dem Namen Marie N im Vorjahr mit dem Titel „I Wanna“ den Sieg beim Grand Prix in Tallinn errungen hat, sowie von Renars Kaupers, Frontmann der Gruppe Brainstorm, die vor drei Jahren bei der Eurovision in Stockholm – Lettland war damals das erste Mal mit von der Partie – Dritte wurden.

Dieses Jahr gibt die Ukraine ihr Debüt. Es ist damit das 38. Land, das an einem Eurovision Song Contest (seit seiner Premiere 1956 in Lugano) teilnimmt. 891 Lieder sind bis dato bei diesem Event gesungen worden. Am häufigsten hat Irland gewonnen (siebenmal); niemals die Krone errangen (von jenen, die dieses Jahr mitmachen) Portugal, Island, Russland, Polen, Zypern, Malta, die Türkei, Griechenland, Rumänien, Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina.

Der Song Contest in Riga wird der letzte der traditionellen Art sein: Vom kommenden Jahr an muss kein Land wegen seines schlechten Abschneidens eine Saison aussetzen. Stattdessen wird der Grand Prix erweitert: Am Freitag zuvor findet ein Halbfinale statt. Nur die vier großen Eurovisionszahler Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien sind immer fürs Finale gesetzt. Insgesamt werden dann etwa vierzig Länder teilnehmen wollen.

An den anderen Modernisierungen wird weiterhin festgehalten: Die Sprachwahl ist frei. 24 der 26 Songs dieses Jahres werden in englischer Sprache gesungen – oder mit englischsprachigen Worten versetzt.

Bizarr die polnische Gruppe Ich Troje. Sie will sich der lingua franca des Musikbusiness nicht bedienen und singt ihren Song „Keine Grenzen mehr“ auf Deutsch, Polnisch und Russisch. Frankreich will sich bis zum Sendebeginn vorbehalten, zu entscheiden, im französischen Original oder auf Englisch singen zu lassen. Konsequent die Belgier von Urban Trad: Sie singen in einer Sprache, die es gar nicht gibt.

Den deutschen Kommentar aus Riga für die ARD spricht der NDR-Radiomoderator Peter Urban – wie schon seit 1997. Das Erste sendet eine Dreiviertelstunde vor dem Grand Prix eine Show von der Reeperbahn: Letten dass! Eine Revue aus fast allen Gattungen des Pop. Heimliches Motto: Wir warten aufs Christkind!

Nach dem Event, etwa zehn Minuten nach Mitternacht, wird wieder von der Reeperbahn übertragen – mit eingestreuten Livekommentaren aus Riga. Fragen suchen Antworten: Muss Lou in Sack & Asche antreten und sagen, wie sie sich den allerletzten Platz erklärt? Oder muss sie dem NDR (und allen anderen) erklären, warum sie nach Nicole (1982!) den zweiten Sieg für Deutschland ersungen hat – und das mit dem Lied?

Generell gilt ja das Gleiche wie für die heute beendete Bundesligaspielzeit im Fußball: Nach dem Grand Prix ist vor dem Grand Prix. JAF