Den Karren ziehen

„Karriere“ ist dem französischen „carrière“ – Rennbahn, Laufbahn – entlehnt, welches auf das lateinische „carrus“ – Wagen – zurückgeht. Damit ist das Wort verwandt mit „Karre“, „Karikatur“, „Karosse“ und „Karosserie“ sowie „Charge“ (Dienstgrad, Rang).

„Karriere“ wird einerseits der gestreckte Galopp des Pferdes genannt, andererseits der Aufstieg im Beruf. Der Brockhaus spricht außerdem vom „sozialen Aufstieg einer Person durch die Übernahme höher bewerteter Funktionen in einer hierarchisch gegliederten Organisation“ beziehungsweise dem „durch soziale Mobilität ermöglichten Wechsel von niedrigeren zu höheren Stellen innerhalb eines gesamtgesellschaftlichen Rahmens“. Das heißt, das Karriere-machen-Können ist Indikator für die innere Verfasstheit einer Gesellschaft; hier zeigt sich, wie die Machtverhältnisse liegen.

Nach der Logik der freien Marktwirtschaft müsste es prinzipiell jedem Gesellschaftsmitglied gleichermaßen offen stehen, Karriere zu machen. Die konstant hohe Arbeitslosenquote spricht jedoch genauso eine andere Sprache wie die kaum übersehbare Flut an Ratgeberliteratur zum Thema. Fast 1.500 Treffer bietet Amazon zum Stichwort „Karriere“ an – von „Knigge, Kleider und Karriere. Sicher auftreten mit Stil und Etikette“ bis zu „Knacken Sie die Karrierenuss“. Offensichtlich ist der Zugang zu Karrierechancen für eine große Gruppe von Menschen nicht in ausreichendem Maße gegeben.

Die Frage nach den Ursachen ist naturgemäß höchst umstritten. Zwei Erklärungsmodelle stehen sich konträr gegenüber: a) Es liegt am System und b) Es liegt an den Individuen selbst.

Nehmen wir die Frauen. Nur jede dreißigste Position im so genannen Topmanagement ist von einer Frau besetzt. Von einem selbstverständlichen Karriereweg kann bei Frauen nicht gesprochen werden. Angela Merkel als Parteichefin der konservativen CDU ist Ausnahme; das Drama ihres Aufstiegs aber auch noch nicht beendet.

Im vorigen Jahr erregte Barbara Bierachs Buch „Das dämliche Geschlecht. Warum es kaum Frauen im Management gibt“ großes mediales Aufsehen – also Erklärungsmodell b) Die Frauen sind selber schuld, denn sie scheuen die Anstrengung, die das Karrieremachen mit sich bringt.

Beide Erklärungsmodelle verbindet das Buch der Unternehmensberaterin Maria Hof-Glatz „Wie küsse ich einen Haifisch, wenn er bellt? Was Frauen wissen müssen, um Erfolg zu haben“ (Orell Füssli, Zürich 2002, 204 Seiten, 19 Euro). In der Berufswelt, heißt es dort, herrscht eine männliche Kultur. „Sie ist geprägt von unausgesprochenen Regeln, die teils Mannschaftsspielen, teils militärischen Regeln entstammen. Beide Bereiche sind Frauen eher fremd. Werden sie damit zum ersten Mal konfrontiert, fühlen Frauen sich verunsichert und verwirrt. Den richtigen Umgang damit zu lernen ist wichtig, um selbst akzeptiert zu werden und damit den persönlichen Einfluss verstärken zu können.“

Reiz und Leistung des Buches bestehen darin, dass die Autorin klar und nüchtern beschreibt, wie die männlich geprägten Berufswelt funktioniert – und wie Frauen sich in ihr orientieren können. Mehr Informtionen unter: www.hof-glatz.de.

VERENA KERN