Schläge für Bushs Nahostplan

Schon vor dem gestrigen Attentat in Jerusalem war klar: Bush muss seine Nahost-Friedensbemühungen überdenken, denn die Palästinenser werden den Anschlag auf Hamas-Führer rächen. Ob Bush jedoch Scharon unter Druck setzen wird, ist offen

aus Washington MICHAEL STRECK

Müssen die jüngsten Nahost-Friedensbemühungen des US-Präsidenten nach dem gestrigen Attentat in Jerusalem bereits als gescheitert bezeichnet werden?

Wenige Stunden vor dem blutigen Attentat hatte Bush den Anschlag Israels auf Hamas-Chef Abdelasis al-Rantisi in Gaza ungewöhnlich scharf kritisiert. Er befürchte, erklärte Bush, dass der Anschlag die Anstrengungen, den Terrorismus in Israel zu beenden, untergraben könnte. „Ich glaube nicht, dass der Angriff zur Sicherheit Israels beigesteuert hat.“ Sein Sprecher sagte, Israel habe zwar ein Recht, sich zu verteidigen, gab jedoch zu verstehen, dass die US-Regierung den Raketenangriff als völlig unangemessen betrachtet. Außenminister Colin Powell schloss sich dem an.

Zwei israelische Kampfhubschrauber hatten am Dienstag mehrere Raketen auf einen Autokonvoi der islamisch-militanten Hamas an einer belebten Straßenkreuzung in der Innenstadt von Gaza abgefeuert. Der 55-jährige Rantisi überlebte den Angriff, musste aber operiert werden. Drei Palästinenser wurden jedoch getötet, darunter eine Mutter und ihre kleine Tochter. 60 weitere Menschen wurden verletzt. Das israelische Militär hat in der Vergangenheit immer wieder versucht, palästinensische Extremisten mit gezielten Angriffen zu töten.

Der Anschlag ereignete sich nur wenige Tage nach dem Gipfeltreffen des US-Präsidenten mit den Premierministern Ariel Scharon und Mahmud Abbas, das den Nahost-Friedensplan voranbringen sollte. Vor und während des Treffens in Jordanien demonstrierte Bush Entschlossenheit, im Nahost-Konflikt härter durchzugreifen. Erstmals setzte er zudem sein persönliches Gewicht ein, um die jahrelange Krise zu beenden. Ein an den Verhandlungen beteiligter Diplomat nannte den israelischen Angriff daher „einen Schlag ins Gesicht für Bush“.

Der Anschlag auf al-Rantisi wie auch seine Folgen gestern in Jerusalem dürften die zarte Hoffnung der vergangenen Woche zerstört haben. Zweifelsohne muss Bush nun überdenken, wie er sich weiter im Nahen Osten engagieren soll. Es ist nicht auszuschließen, dass Bush den Druck auf Scharon erhöhen wird. So könnte er fordern, dass Israel endlich Ernst damit macht, jüdische Siedlungen im Westjordanland zu räumen, und nicht nur unbewohnte Wohnwagencamps zerstört.

Ein Beispiel, wie Scharon zum Einlenken gezwungen werden kann, lieferte Bushs Vater. Dieser drohte damals kurzerhand, die Militärhilfe für Israel zu kürzen. Doch zu solchen drastischen Schritten dürfte Bush Junior nicht willens und fähig sein. Für eine härtere Gangart gegen Scharon versagen ihm seine christlich-konservative Parteibasis und die Hardliner im Kabinett die Untersützung.

So behielt die Washington Post gestern Recht, als sie schrieb: „Nach dem Anschlag werden die Palästinenser neue Terrorattacken auf israelische Zivilisten starten.“