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: ARNO FRANK fordert Dopingkontrollen vor „Christiansen“

Mit dem sozialen Turbolader durchs Programm

Seit Jahr und Tag hansdampft Michel Friedman durch jede gesellschaftliche Gasse und schillert über die Bildschirme. Geschätzt und verabscheut wird er für seinen aggressiven Gesprächsstil, sein pfauengleiches Gebaren. Exaltiert, omnipräsent und nimmermüde. Nun soll er also Kokain geschnupft haben – und die öffentliche Erregung erreicht denselben Grad an Hysterie wie immer, wenn jemand Kokain geschnupft haben soll. Daum. Wecker. Oder die von Sat.1-Aktenkoffer Ulrich Meyer aufgewischten Reste auf der Reichstagstoilette.

Kokain ist von zunächst höchst erfreulicher physiologischer Wirkung. Vermehrt werden die Transmitter Dopamin und Noradrenalin ausgeschüttet, die sich im synaptischen Spalt ansammeln. Dort wirken die Glückshormone auf Körper und Seele wie ein Turbolader auf einen Automotor. Tuning für den Geist. Wer auf der Überholspur lebt, der muss eben vollgasfest sein. Überforderte Fußballtrainer. Lebenshungrige Musiker. Oder eben auch zuvielbeschäftige TV-Moderatoren.

Zwar verbieten sich Rückschlüsse auf den eigenwilligen Moderationsstil von Michel Friedman. Würde er aber Klebstoff rauchen oder Haschisch spritzen, dann wäre „Friedman!“ ganz sicher ganz anders. Und nicht nur „Friedman!“. Vielleicht würde es sich lohnen, auch bei anderen Politsendungen genauer hinzuhören, wenn mal wieder von einer ominösen „Parteilinie“ oder einem „verschnupften“ Politiker die Rede ist.

Vielleicht sollten wir einfach darauf achten, welcher notorische Prominente sich demnächst nicht nur den Schnurrbart, sondern auch die Haare auf dem Kopf abrasiert haben wird. Vorsichtshalber. Vielleicht ist es sogar an der Zeit, Gästen von „Johannes B. Kerner“ oder „Christiansen“ Urinproben zu entnehmen, bevor sie sich um Kopf und Kragen schwafeln. Und könnte Promi-Friseur Udo Walz der Polizei nicht bei der Fahndung zur Hand gehen?

In einer Leistungsgesellschaft, wo Medienpräsenz und Omnipräsenz als Tugenden gelten, ist Kokain als soziales Doping das ideale Werkzeug zur Leistungssteigerung. Wie im Sport, wo zur Erschleichung besserer Ergebnisse gerne Amphetamine geschluckt werden, sind daher Dopingkontrollen auch im Fernsehen angebracht. Schlaue medienwissenschaftliche Analysen hinsichtlich der geistigen Gesundheit von Moderatoren bei Sendern wie „Home Order Television“ würden damit möglicherweise hinfällig.

Trotzdem: Woher rührt die allgemeine Aufregung gerade unter Journalisten? Warum ist „Kokain“ – ein sehr privates psychisches Problem – ein solches Reizwort, viel spannender als etwa „Steuerhinterziehung“? Wieso erregt sich die Erregungsindustrie über den bloßen Verdacht auf Drogenmissbrauch?

Womöglich liefert ja die Naturwissenschaft eine schlüssige Erklärung. Forscher an der Universität von North Carolina haben unlängst nachgewiesen, dass schon der Gedanke an Kokain einen Dopamin-Kick auslöst. Nicht bei Journalisten, wohlgemerkt, sondern bei süchtigen Ratten.