Grüne wollen keine Genpatente

Kritiker fordern Überarbeitung der EU-Biopatentrichtlinie. Justizministerin Zypries hält an einer strikten Umsetzung fest

BERLIN taz ■ Bei der Umsetzung der umstrittenen europäischen Biopatentrichtlinie in nationales Recht setzen die Grünen im Bundestag auf eine „Doppelstrategie“: Einerseits, so ihre Forderung, soll eine möglichst „restriktive Umsetzung“ erfolgen, bei der die von der Richtlinie vorgegebenen „Spielräume“ auch ausgeschöpft werden. Gleichzeitig aber müsse die Bundesregierung in Brüssel aktiv werden, um eine Neuverhandlung der Richtline durchzusetzen, forderte der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Reinhard Loske, gestern in Berlin anlässlich einer Tagung über Biopatente.

Erwartet wird, dass Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) demnächst ihren Entwurf für ein Biopatentgesetz dem Bundestag vorlegen wird. Derzeit werde der Gesetzesentwurf zwischen den verschiedenen Ministerien abgestimmt, sagte Loske.

Der grüne Politiker führt mehrere Gründe an, die eine rasche Überarbeitung der Richtlinie notwendig machten. Vor allem das so genannte „Stoffpatent“ für Gensequenzen wird von Loske abgelehnt. Ein Gen könne die Information für bis zu mehreren tausend Funktionen besitzen. Im Patentantrag müsse aber nur eine Funktionen aufgeführt werden, um für das Gen und alle damit verbundenen kommerziellen Verwendungen einen Verwertungschutz zu bekommen. Selbst wenn andere Forscher später neue Funktionen entdecken, sind diese durch das Patent bereits abgedeckt. Die Patentrichtlinie führe zu einer ungerechten Aufteilung der Verwertungsrechte, meint auch Peter-Tobias Stoll, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Göttingen. Ein Forscher, der mit einem bereits patentierten Gen arbeitet und neue Einsatzmöglichkeiten entwickelt, gerate in die völlige Abhängigkeit der Patentanmelders. Mit dem Stoffpatent in der Tasche könne dieser jedem „die Nutzung und Herstellung des Gens untersagen“, erläuterte Stoll. Anstatt Innovationen in der Biotechnologie zu fördern, würde die strikte Umsetzung der Richtlinie das Gegenteil bewirken.

Justizministerin Zypries zeigte sich bisher unbeeindruckt von der Kritik an dem geplanten Gesetz. Wie schon ihre Vorgängerin im Justizministerium, Herta Däubler-Gmelin (SPD), hält sie eisern daran fest, dass die EU-Richtlinie eins zu eins in deutsches Recht umgesetzt werden müsse. Auch eine Neuverhandlung in Brüssel sieht sie derzeit nicht für durchsetzbar. Dort entscheidet letztendlich nur die EU-Kommission über das weitere Schicksal der Biopatentrichlinie.

WOLFGANG LÖHR