beiseite
: Florian Illies in „Brigitte“

Saugend lesen

Wird der neue Roman von Siegfried Lenz in der FAZ vorabgedruckt, ist das business as usual. Bemerkenswert ist höchstens, dass der Fortsetzungsroman, so anachronistisch er ist, allen Umbauten und depressionsbedingten Verschlankungen im FAZ-Feuilleton standgehalten hat.

Erscheint jedoch das neue, schlicht „Generation Golf 2“ betitelte Buch von Florian Illies vorab in Auszügen in Brigitte, wirft das einige Fragen auf: Illies und Brigitte, wie gehen die denn zusammen? Die Generation Golf, laut Illies die zwischen 1965 und 1975 Geborenen, und die Mutter aller Frauenzeitschriften, bei der die Hälfte der Leserinnen älter als 40 ist? Hat da etwa ein Paradigmenwechsel in Richtung ewiger Jugend stattgefunden? Schreibt Illies Frauenzeitschriftenbücher?

Illies selbst würde wahrscheinlich mit der seinen Büchern eigenen Brillanz antworten: Es kommt immer anders, als man denkt. Wir aber, genau: wir, wir schauen genauer hin. Eine Frauenzeitschrift mit fast 1 Million Auflage braucht mindestens einen 1-Million-Auflagen-Mann wie Illies. Der wiederum liefert Stoff, auf den sich Männlein wie Weiblein einigen können – an Nutella und Geha-Füllern können sich die Geschlechter gar nicht scheiden. Auch stilistisch passt die Beziehung, da trifft preußische Betulichkeit auf hanseatische Betulichkeit. Illies’ Bücher sind geradezu ideales Lehrmaterial für angehende Brigitte-Autoren und -Autorinnen. So unkompliziert, so unakademisch, dass die typische Brigitte-Leserin sie bei der Hausarbeit lesen und nebenbei eine Vormittagstalkshow gucken kann. Da dürfte sie nicht mal stören, dass sie ein Kapitel wie das über die SMS-Revolution schon tausendmal in Brigitte gelesen hat (oder bei Hellmuth Karasek). Wir aber befürchten, ja, genau, wir, die Björns und Constanzes, dass Illies, diese untreue Tomate, derweil schon am nächsten Buch für absolut alle Deutschen sitzt – für Jung und Alt, Golf und Trümmerfrau, altersklug und frühvergreist: unser aller Florian. GERRIT BARTELS