fischer in nahost
: Keine Spur von Gegengewicht

Frieden im Nahen Osten – das ist für Europa kein Luxusthema, sondern politische Notwendigkeit. Nur ein paar Flugstunden brauchte der oberste deutsche Diplomat Joschka Fischer, um sich für vier Tage mitten in der Konfliktzone absetzen zu lassen. Er hat sicherlich Recht, wenn er vom Frieden im Nahen Osten auch die künftige Sicherheit Europas und Deutschlands abhängig sieht. Aber was bedeutet diese Aussage für eine ernsthafte deutsche Außenpolitik?

Kommentar von KARIM EL-GAWHARY

Zumindest in der arabischen Welt ist mehr europäisches Engagement erwünscht, nicht zuletzt als Gegengewicht zu den als einseitig proisraelisch empfundenen USA. Gerade Fischer genießt inzwischen aufgrund der eigenständigen deutschen Haltung zum Irakkrieg in allen arabischen Ländern ein hohes Ansehen. Doch vom Gegengewicht keine Spur. Die Tatsache, dass die USA und Europa sich nun in diesem Maße engagieren, könne nun wirklich Bewegung in Richtung einer dauerhaften Lösung des Konflikts bringen, genscherte Fischer in Kairo. So kraftlos sich das anhörte, vermied er aber zugleich jeden Eindruck, die Europäer und die USA könnten sich nach ihrem Irak-Dissens erneut auseinander dividieren.

Zu den wenigen bemerkenswerten Elementen von Fischers Nahost-Visite gehörten seine Besuche in Syrien und Libanon, um sie für die Roadmap zu gewinnen, den Friedensplan für Palästina und Israel. Mit seinem Aufruf an die beiden Regierungen, sich konstruktiv zu verhalten, hat er zwei vergessene Länder zurück ins Spiel gebracht. Schade nur, dass beide zuvor gar nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden. Beim großen arabisch-amerikanischen Gipfeltreffen in Scharm al-Scheich, in dem sich Washington die Roadmap, den Friedensplan, durch die Araber hatte absegnen lassen, stand weder Syrien noch der Libanon auf der Einladungsliste.

Ansonsten verlegte sich Fischer auf die üblichen billigen Aufrufe an beide Seiten zum Ende der Gewalt. Konkrete Forderungen nach einem konstruktiven israelischen Beitrag wie dem Abzug der israelischen Besatzer galten politisch als zu teuer. Also bleibt es bei dem Appell für eine möglichst friedliche Besatzung mit der Aussicht, dass irgendwann einmal auf einem Teil des Westjordanlandes, der noch nicht mit israelischen Siedlungen zugebaut ist, ein palästinensischer Staat ausgerufen werden könnte. Eine solche Perspektive ist kaum dazu angetan, im Nahen Osten Frieden und in Europa Sicherheit zu stiften.

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