Senators dubioser Selbstschutz

Personen des öffentlichen Lebens fordern in der „Hamburger Erklärung“ die Wiederherstellung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit

In der Verfassung ist das Demonstrationsrecht ein hohes Gut. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Recht in seinem legendären Brokdorf-Urteil 1986 untermauert. Und seit dem so genannten „Hamburger Kessel“ haben auch Hamburger Gerichte eine klare Position, dass willkürliche Festnahmen oder andere massive Polizeimaßnahmen zur Einschüchterung und Abschreckung verboten sind. Dennoch ist die Teilnahme an Protesten in Hamburg seit Schwarz-Schill nicht mehr möglich, ohne Gefahr zu laufen, Nächte in Handfesseln auf einem Revier zu verbringen. Gegen den Abbau dieses Grundrechts wenden sich nun die Unterzeichner der „Hamburger Erklärung für Versammlungsfreiheit“ und klagen die Wiederherstellung des Demonstrationsrecht ein.

„Mit Sorge“ wird betrachtet, das spätestens seit der Räumung der Bambule „senatskritische Proteste“ nicht mehr möglich seien und die Polizei immer wieder in die Versammlungsfreiheit durch Auflagen eingreife. „Es herrscht faktisch ein Demoverbot für die City“, sagt Ariane Dandorfer von der Wählervereinigung Regenbogen. „Der Protest soll nicht mehr die große Öffentlichkeit erreichen.“

Demos würden mit „perfiden Auflagen“ und Routenverlegungen aus der City verbannt, „damit es zu keinen optischen und akustischen Berührungen kommt“, ergänzt Juristin Barbara Poggenborg – „als wenn Einkaufen und Kaffeetrinken wichtiger wären“. Allein sieben Einkesselungen von Demos registrierte sie seit November vorigen Jahres, bei denen über 2000 Menschen eingesackt worden seien. „Die Polizei schreckt nicht einmal davor zurück, mit Wasserwerfern gegen SchülerInnen im Alter von 12 bis 14 Jahren vorzugehen, die gegen den Irak-Krieg demonstrieren“, schimpft Björn Jensen vom Asta der HAW.

Die Polizeiaktionen dienen nach Auffassung von Pastor Friedrich Brandi von der Friedenskirche der Einschüchterung: „Menschen sollen Angst bekommen, ihre Meinung zu sagen.“ Brandi war selbst im November in St. Pauli in einen Polizeikessel geraten und musste mit ansehen, wie eine Frau durch einen Schlag mit dem Polizeiknüppel verletzt wurde.

Nach Auffassung der Unterzeichner – dazu gehören auch der Republikanische Anwaltsverein und die Asten der Universitäten – gehört zur Demokratie das Recht, Protest auf die Straße zu tragen: „Das muss sich auch ein Schwarz-Schill-Senat gefallen lassen, der massiven Sozial- und Kulturabbau betreibt.“

Obwohl laut Poggenborg die Polizei-Maßnahmen meist rechtswidrig waren, ist der alleinige Rechtsweg zu langwierig. „Es wird niemand mehr an den Schwarz-Schill-Senat denken, wenn dann die Urteile gesprochen werden.“ KAI VON APPEN

Kontakt: www.hamburger-erklaerung.de