USA entführen Al-Qaida-Häftlinge in Afrika

Fünf festgenommene Terrorverdächtige in Malawi wurden heimlich außer Landes gebracht. Jetzt protestieren Muslime

BERLIN taz ■ Der friedliche Kleinstaat Malawi im Südosten Afrikas wird zum neuesten Opfer des globalen Antiterrorkriegs. Wegen fünf Entführungen durch die USA unter dem Verdacht der Al-Qaida-Mitgliedschaft sind Malawis Muslime in Aufruhr.

Am vorletzten Sonntag waren fünf prominente Ausländer in Malawi festgenommen worden: Mahmud Sardar Issa aus dem Sudan, Leiter der Wohltätigkeitsvereins „Islam Fund Trust“; Fahad Ral Bahli aus Saudi-Arabien, Leiter der lokalen Zweigstelle einer saudischen Hilfsorganisation; der kenianische Religionsgelehrte Khalifa Abdi Hassan und zwei türkische Geschäftsleute.

Am Montag sagte Malawis Regierung, die Festgenommenen sollten wegen „internationalem Terrorismus“ an die USA ausgeliefert werden. Ihr Anwalt erhob Einspruch beim obersten Gericht. Dieses lehnte am Montag und Dienstag die Auslieferungen ab und urteilte, die fünf müssten binnen 48 Stunden einem Haftrichter vorgeführt werden oder freikommen.

Seltsam war, dass die Festgenommenen nicht gleich persönlich vorgeführt wurden. Danach gefragt, sagte Generalstaatsanwalt Fahad Assani am Dienstag, das ginge nicht, denn „wir wissen nicht, wo sie sind“. Somit alarmiert, fanden Malawis Medien heraus, dass die fünf am Montagabend auf einem von den USA gecharteten Flugzeug heimlich in ein US-Militärlager in Botswana gebracht worden waren.

Malawis oberstes Gericht schäumte und erwägt nun, die Regierung wegen Missachtung der Justiz anzuklagen. Und in der Hauptstadt Blantyre ging die Polizei mit Tränengas gegen Demonstrationen vor. Am Freitag und Samstag dehnten sich die Unruhen in die Provinzstadt Mangochi aus. Ein ausländisches Hilfswerk und sieben christliche Kirchen wurden geplündert, es gab Straßenschlachten, und Malawis Präsident Bakili Muluzi schickte die Armee in die Stadt.

Mangochi am Südende des bei Touristen beliebten Malawi-Sees entstand einst als Sklavenmarkt und ist heute ein Zentrum des malawischen Islam. Etwa ein Fünftel von Malawis elf Millionen Einwohnern sind Muslime. Malawis Diktator Kamuzu Hastings Banda, der das Land von der Unabhängigkeit 1964 bis 1994 regierte, war ein christlicher Fundamentalist; der im Rahmen der Demokratisierung an die Macht gelangte heutige Präsident Muluzi ist Muslim. Unter beiden Herrschern stand die katholische Kirche in der Opposition. Aber erst das US-Handeln verwandelt religiöse Vielfalt nun in religiöse Spannungen.DOMINIC JOHNSON