Florierendes Geschäft mit den Mullahs

Deutsche Staatsbürgschaften zugunsten des Iran nehmen rapide zu – während die US-Regierung Teheran droht

HAMBURG taz ■ Rund zwei Milliarden Euro betrug im vergangenen Jahr das Plus im deutschen Außenhandel mit dem Iran. Aus Sicht der Konzerne gehört der Staat der Mullahs damit zu den wichtigsten im Nahen Osten, schließlich werden in den Golf-Staat genauso viele deutsche Produkte exportiert wie nach Israel.

Bei den Hermes-Deckungen, mit denen der deutsche Steuerzahler Ausfuhrgeschäfte absichert, liegt der Iran auf Rang sieben, erst dahinter kommen gewichtige Länder wie Indien und Argentinien sowie Dutzende weitere Staaten. Tendenz steigend, denn allein im Jahr 2002 wurden Exporte in den Iran für rund eine Milliarde Euro von dem Hamburger Versicherungsunternehmen im Auftrag des Bundes neu garantiert – Rang 4 in der Hermes-Hitliste des vergangenen Jahres.

„Insbesondere für den Iran erhöhte sich erneut die Nachfrage aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung dank der Erlöse aus dem Öl-Export“, heißt es bei Hermes. Das schwarze Gold spielt allerdings für die hiesige Wirtschaft nur eine Nebenrolle, da die deutschen Raffinerien ihren Rohstoff am liebsten aus westeuropäischen und russischen Quellen beziehen.

So kauft Deutschland kaum im Iran ein, im vergangenen Jahr gerade mal für 300 Millionen Euro, wird aber dort vor allem Industrieanlagen beispielsweise für Petrochemie und Aluminium los. Für 2,2 Milliarden Euro wurden 2002 bundesdeutsche Waren nach Persien geliefert, was einem Sechstel der gesamten iranischen Einfuhren entspricht. Zurzeit errichtet die Linde AG die – laut Hermes – größte Ethylenanlage der Welt und eine Gaszerlegungsanlage, die aus Erdgas hochwertige Bestandteile isoliert.

Die Achse Berlin-Teheran hat Tradition. Hitler-Deutschland bezog, abgewickelt über die Dresdner Bank, erhebliche Mengen Erdöl von der Deutschen Benzin und Petroleum GmbH im Iran. In den Siebzigerjahren begann die Siemens-Tochter Kraftwerks-Union, das Atomkraftwerk Buschehr zu bauen, dass mit Hilfe Moskaus im Jahr 2005 mit Brennstäben ausgestattet werden soll. Russland hat wie die Bundesrepublik erhebliche wirtschaftliche Interessen in dem Golf-Staat zu verteidigen.

Aus Berliner Sicht ist das Land der Großen Salzwüste damit ein wichtiger Partner im Nahen Osten, und er dürfte noch bedeutender werden, denn lange Zeit hatte sich die westdeutsche Exportwirtschaft vor allem auf Westeuropa konzentriert. Das Geschäft mit Europa macht immer noch weit über 70 Prozent des gesamten Außenhandels aus.

Laut Eckhardt Wohlers, Außenhandelsexperte im Forschungsinstitut HWWA (Hamburger Weltwirtschaftsarchiv), seien im Iran neben Öl und Agrarprodukte auch einige Industriewaren längerfristig von Interesse, und vor allem seien Iran und der Nahe Osten ein „Zukunftsmarkt für deutsche Produkte“.

Diesen Optimismus teilt auch der Nah- und Mittel-Ost Verein e.V. in Hamburg. „Wir fördern als Dienstleister die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Nahen und Mittleren Osten und Deutschland“, erklärt ein Sprecher. Der Vorstand des bereits 1934 gegründeten Vereins ist prominent besetzt. Vorsitzender ist Werner Schoeltzke, Chef von MAN Ferrostaal. Dabei sind auch Konzerne wie ThyssenKrupp, Deutsche Bank und Siemens. Sie bauen auf Nähe zum Zukunftsmarkt.

HERMANNUS PFEIFFER