Arafats starker Arm

Die Al-Aksa-Brigaden gehören zu al-Fatah, der Organisationdes Palästinenserpräsidenten. Er hat sich nie von ihnen distanziert

BERLIN taz ■ Der vollständige Name der Organisation lautet Kata’ ib Shuhada’ al-Aqsa, also Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden, benannt nach der Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem. Ihr inoffizieller Führer ist der seit April 2002 in Israel inhaftierte Fatah-Generalsekretär im Westjordanland, Marwan Barghouti (Foto).

Entstanden sind die Brigaden aus dem 1983 gegründeten bewaffneten Arm der al-Fatah, der Tansim, was so viel wie Anfang, Bewegung bedeutet. Die Tansim repräsentierte jene jungen Palästinenser, die in der ersten Intifada von 1987 bis 1993 aktiv waren. Einige von ihnen wurden nach Bildung der Autonomieregierung in die Sicherheitsdienste integriert. Die Tansim warf der aus Tunis zurückgekehrten PLO-Führung Machtmissbrauch, Korruption, Missmanagement und Aufgabe der nationalen Ziele vor. Innerhalb der al-Fatah setzte die Tansim eine Demokratisierung der Organisation durch. Zugleich verübten die unabhängig von der Autonomieregierung operierenden Einheiten der Tansim zahlreiche Angriffe auf israelische Militärs und Siedler in den besetzten Gebieten. In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre wurden zudem palästinensische Jugendliche in Ferienlagern der Tansim militärisch geschult und ausgebildet.

Nach einer militärischen Reorganisation zu Beginn der zweiten Intifada im Herbst 2000 traten im Folgejahr erstmals die Al-Aksa-Brigaden mit Militäraktionen auf. Nach der gezielten Ermordung des Al-Aksa-Führers Raed Karmi durch israelische Spezialeinheiten im Januar 2002 verübten die Brigaden Selbstmordattentate und Angriffe auf Zivilisten innerhalb Israels. Im ersten Halbjahr 2002 fielen ihnen weitaus mehr Israelis zum Opfer als den Angriffen der Hamas. Es waren auch die Al-Aksa-Brigaden, die Ende Januar 2002 die erste weibliche Selbstmordattentäterin einsetzten. Die Mitgliederzahl der Brigaden wird von amerikanischen und israelischen Quellen mit mindestens 10.000 angegeben.

Palästinenserpräsident Jassir Arafat, zugleich Vorsitzender von al-Fatah, hat die Brigaden nie öffentlich kritisiert. Nach israelischen Angaben wurden in Büros der Autonomieregierung Auszahlungsquittungen an Mitglieder der Brigaden mit Arafats Unterschrift gefunden. Führungsmitglieder der Brigaden haben wiederholt erklärt, dass sie Befehlen Arafats bedingungslos gehorchten. Ein Befehl zur Einstellung der Militäroperationen sei nie ergangen.

Im Gegensatz zu den islamischen Gruppen ist das politische Ziel der Brigaden eine Zwei-Staaten-Lösung. Als Minimalbedingung bezeichnete Barghouti den vollständigen israelischen Abzug aus den 1967 besetzten Gebieten, die Auflösung der Siedlungen und die Errichtung der palästinensischen Hauptstadt in Ostjerusalem. GB