Neue Jobs fördern, nicht die alten

Rot-Grün müsse die Kohlesubventionen so schnell wie möglich stoppen, fordert der Präsident des Umweltbundesamtes: „Sie haben ökonomisch keinen Sinn.“ Wer sie umschichte, schaffe 30.000 Arbeitsplätze. UBA warnt: Subventionen nicht einsparen

von HANNA GERSMANN

Harsche Kritik an den Spitzen der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen übte gestern der Präsident des Umweltbundesamts (UBA). „Die Steinkohlesubventionen lassen sich nicht mehr rechtfertigen“, sagte Professor Andreas Troge. Wer die Wirtschaft ankurbeln, Jobs schaffen und die Umwelt entlasten wolle, müsse sie abschaffen. Erst Anfang der Woche hatten sich SPD und Grüne in Düsseldorf geeinigt, die Kohle bis 2012 – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau – zu subventionieren.

So sollen die mehr als 50.000 Arbeitsplätze im nicht konkurrenzfähigen Steinkohlebergbau erhalten bleiben. Das ist teuer erkauft: Allein im Jahr 2001 wurde jeder einzelne mit 82.000 Euro subventioniert. Damit gehen rund 30 Prozent aller Subventionen des Bunds für die gewerbliche Wirtschaft auf das Konto der Steinkohle. Der Präsident des Umweltbundesamts Professor Troge gestern: „Das ist ökonomisch und ökologisch kontraproduktiv.“ Er stützt sich auf Berechnungen, die die Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung aus Osnabrück in seinem Auftrag erstellte.

Troge schlägt nun vor, die Steinkohlesubventionen umzuschichten. Variante 1: Das Geld wird in die Förderung von Solarwärme und Biomasse gesteckt. Der Chef der größten Umweltbehörde Deutschlands rechnet mit 9.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2010. Und mit fast 50 Millionen Tonnen weniger vom Treibhausgas Kohlendioxid. Eine immense Summe, bedenkt man, dass das verarbeitendes Gewerbe, die Energiewirtschaft und der Verkehr laut Klimaschutzprogramm der rot-grünen Bundesregierung bis 2010 genauso viel einsparen sollen.

Vielversprechender aus ökonomischer Sicht aber ist Variante 2, nach der die energetische Sanierung von Altbauten, der Einbau von Fenstern und modernen Heizungen, finanziell gefördert werden. Das bringt laut Troge ein Plus von 30.000 Arbeitsplätzen, die meisten in der Bauwirtschaft. Das hieße zudem: In die Luft werden sechs Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid geblasen.

Auch Troge weiß, dass so Gelder, die bisher vor allem einer Region zugute kamen, auf ganz Deutschland verteilt werden. Er sagt: „Um soziale Härten zu vermeiden, sollte ein Teil der eingesparten Gelder im Kohlerevier bleiben.“ Etwa für Umschulungen. Die Subventionen ganz abzuschaffen und so den Haushalt zu konsolidieren, ist laut UBA keine Alternative: Wer das Geld kassiere, kassiere auch die Jobs.