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: ARNO FRANK über ein schreckliches Missverständnis

Die taz präsentiert: Der „SCHUUUUULZ!“, den Berlusconi eigentlich im Sinn hatte

Was ist passiert? Herr Schulz ärgerte Herrn Berlusconi. Im EU-Parlament. Da beugte sich Berlusconi, derzeit Ratspräsident, über das Mikrofon und sagte zu Schulz: „In Italien wird ein Film über Konzentrationslager gedreht. Ich lade Sie ein, die Rolle des Kapo zu spielen.“ Und: „Sollten Sie nicht in der Lage sein, Ironie zu verstehen, dann tun Sie mir Leid.“ Nun ist alle Welt empört, Daniel Cohn-Bendit geißelt in der taz Berlusconis „infantile Reaktion“ als „Eruption aus den Tiefen des Gemüts“. Dabei war es eher eine Eruption aus den Tiefen des popkulturellen Gedächtnisses.

Dass die Deutschen außerhalb Deutschlands notfalls noch immer allesamt Nazis sind (und dass dieses Stereotyp gern auf den Namen „Schulz!“ hört), ist bekannt und hängt gewiss mit Ernst Lubitschs Film „Sein oder Nichtsein“ zusammen. Harald Schmidt hat am Donnerstag in seiner Show auf diesen Umstand aufmerksam gemacht – aber zwei Nummern zu hoch gegriffen. Berlusconi ist kein Cineast, er ist ein TV-Unternehmer. Populär wurde die Figur des dümmlichen Befehlsempfängers „Schultz!“ durch eine US-Sitcom, die von 1965 bis 1971 auf CBS lief, in alle Welt verkauft wurde und als Prototyp der Lagerkomödie gilt: „Hogan’s Heroes“. Feldwebel Schultz und Kommandant Klink sind darin ihren Gefangenen in jeder Hinsicht unterlegen.

Klink übrigens wurde von Werner Klemperer dargestellt, dem Sohn des Tagebuchschreibers Viktor Klemperer – für seine Rolle erhielt er zwei Emmys. Bei den „Simpsons“ hat die Figur des Klink noch heute Gastauftritte. Neben Schultz hat sich auch Klink längst als Zitat verselbstständigt. Schultz und Klink sind inzwischen fast überall ein wichtiger Bestandteil der weltweiten Populärkultur – eben nur nicht hierzulande. Im Ausland wird zwischen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslager, zwischen SS und Wehrmacht nicht immer so trennscharf unterschieden, wie es der deutsche Sünderstolz verlangt. In Deutschland läuft die Serie mit mäßigem Erfolg (vor allem bei Kindern) auf Kabel 1 als „Ein Käfig voller Helden“. In Italien wurde das Format als „Gli eroi di Hogan“ ausgestrahlt – auch von den Sendern des Medienmoguls Berlusconi.

Daniel Cohn-Bendit sagte im taz-Interview: „Ein Medienmogul ist noch lange kein Meister medialer Auftritte.“ Aber gerade ein Medienmogul mit solider Halbbildung greift gern auf die trivialen Denkmuster seines Mediums zurück.