BLAIRS KRIEGSWILLIGKEIT IST DER EIGENTLICHE SKANDAL
: Theater mit Waffeninspektoren

Der Streit zwischen Blair und der BBC ist nur vorläufig entschieden. Der britische Premierminister hat also nicht dafür gesorgt, dass seine Geheimdienste die vom Irak ausgehende Gefahr übertreiben. Das hat jedenfalls ein Untersuchungsausschuss des Parlaments herausgefunden. Die BBC, die behauptet hatte, dass die Regierung den Bericht gerne etwas aufgepeppt haben wollte, lag angeblich falsch. Das kann man glauben oder nicht – die BBC wird nicht klein beigeben.

Es gebe keinen schwereren Vorwurf als die Behauptung, er habe die Soldaten aufgrund von Geheimdienstinformationen in den Krieg geschickt, die er selbst gefäscht habe, sagte Blair noch am Sonntag. Doch, den gibt es: Die Debatte um die verschwundenen Massenvernichtungswaffen ist Spiegelfechterei, Blair hätte seine Truppen auf jeden Fall in den Krieg geschickt. Die Geheimdienstberichte dienten lediglich zur Stimmungsmache gegen den Irak. Der Streit zwischen Regierung und Radiosender gaukelt vor, dass Britannien nicht in den Irakkrieg gezogen wäre, wenn bekannt gewesen wäre, dass es diese Waffen gar nicht gab. Doch die USA hatten spätestens im August 2002 beschlossen, den Irak anzugreifen – also bereits vor dem Geheimdienstpapier, um das nun die Diskussionen entbrannt sind. Zu diesem Zeitpunkt konnte Blair schon lange nicht mehr zurück. Seine Politik war seit den Anschlägen vom 11. September untrennbar mit der Politik Washingtons verbunden.

Zwar überredete Blair die USA, die Vereinten Nationen mit an Bord zu nehmen, aber als die nicht so spurten, wie die USA es wollten, und deshalb kaltgestellt wurden, folgte Blair gehorsam dieser Linie. Das ganze Spektakel mit den Waffeninspektoren war eine Theatervorstellung, die Bush seinem britischen Kollegen zuliebe inszeniert hatte, die dann aber abgebrochen wurde, als sich die Inspektoren nicht an das vorgegebene Manuskript hielten. Blairs Beschwichtigungen im Vorfeld des Angriffs, dass ein Krieg nicht unausweichlich sei, waren gelogen. Der Skandal liegt in seiner Kriegswilligkeit, nicht in den Mitteln, mit denen er sie verkauft hat.

RALF SOTSCHECK