Weiter Bomber über Wittstock

„Bombodrom“ wird wieder beschossen. Bürgerinitiativen klagen für „freien Himmel“

BERLIN taz ■ Als Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) gestern mitteilte, dass ein Teil des Wittstocker Heidelandes weiter – zu Übungszwecken – bombardiert wird, zerstörte er die Harmonie zwischen den Landesregierungen Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs. Potsdam gab klein bei – Schwerin ging auf die Barrikaden.

Brandenburgs Landeschef Matthias Platzeck (SPD) ließ verbreiten, seine SPD-CDU-Regierung „respektiere“ Strucks Entscheidung für das „Bombodrom“. Platzeck gratulierte sich sogar selbst. Es sei seinem Engagement zu verdanken, dass an Feiertagen keine Bomben fallen werden. Er erwarte jetzt auch, dass die Bundeswehr eine Garnison bei Wittstock einrichte.

Ganz anders als Platzeck reagierten führende Landespolitiker in Schwerin. Der stellvertretende Ministerpräsident Wolfgang Methling (PDS) sagte, er respektiere Strucks Entscheidung nicht. Vor Tagen hatte Methling noch angekündigt, gegen die Bombenpläne vor Gericht zu ziehen. Sollte es tatsächlich zu Gerichtsverfahren kommen, so würden die Pläne des Verteidigungsministeriums verzögert. Methlings Problem: Weil das Bombodrom in Brandenburg liegt, haben eigentlich nur die dortigen Gemeinden ein Klagerecht. Über Mecklenburg-Vorpommern liegt lediglich die Einflugschneise für die Bomber.

Kritik an der Entscheidung für das Bombodrom kam gestern auch von den Bundesgrünen. In Berlin sagte Parteichefin Angelika Beer, sie sei „erstaunt über die Arroganz des Verfahrens“.

Das geht den Bürgerinitiativen vor Ort schon seit Wochen so – mit der grünen Arroganz. Barbara Lange, Sprecherin der Initiative „Freier Himmel“, verwies gestern auf einen Brief von Umweltminister Jürgen Trittin. Darin heißt es, der grüne Minister „respektiere Ressortgrenzen“, und das Bombodrom falle in die Kompetenz des Verteidigungsministers. Im rot-grünen Koalitionsvertrag hatte es zu dem Thema noch geheißen, man werde die militärischen Pläne überprüfen. „Das haben die Grünen nur halbherzig getan“, sagte Lange gestern zur taz. Nun werde man versuchen, sich gerichtlich gegen das Bombodrom zur Wehr zu setzen.

Für Lange ist der gerichtliche Weg nur die zweitbeste Lösung. „Wir appellieren, das Problem auf politischem Wege zu lösen“, sagte sie. Umweltverbände und betroffene Gemeinden hatten bereits vor der gestrigen Entscheidung Klagen angekündigt für den Fall, dass das Bombodrom weiterhin militärisch genutzt werde.

Diesen Ankündigungen sieht das Verteidigungsministerium laut eines Sprechers gelassen entgegen. Er kündigte an, dass „zeitnah“ darüber entschieden werde, ein Ausbildungsbataillon nach Wittstock zu verlegen. Dem derzeitigen Planungsstand nach würden rund 800 Soldaten und 150 zivile Angestellte demnächst in Wittstock Dienst tun.

Zu den geplanten Übungsflügen sagte der Sprecher, dass das Bombodrom auch verbündeten Streitkräften zur Verfügung stehen werde. Nach unbestätigten Informationen der Bürgerinitiative „Freier Himmel“ will die Bundeswehr selbst nur knapp 200 der maximal 1.700 Flüge pro Jahr bestreiten. MATTHIAS BRAUN