Die Affenhitze bringt den Atomausstieg voran

Kernkraftwerke fahren wegen hoher Temperaturen ihre Stromproduktion herunter. Grenzwerte bereits überschritten

BERLIN taz ■ []Die brütende Hitze wirkt sich jetzt selbst auf den Betrieb von Kernkraftwerken aus. Das Atomkraftwerk Krümmel bei Geesthacht in Schleswig-Holstein werde derzeit nur noch mit 60 Prozent seiner Leistung betrieben, teilte ein Sprecher des Unternehmens Vattenfall Europe am Dienstag mit.

Grund für die Einschränkung ist die erhöhte Wassertemperatur der Elbe. Die Vorschriften für den Betrieb des Kraftwerks besagen, dass die Temperatur des Flusses durch die Einleitung von Kühlwasser nicht über die 30-Grad-Marke steigen darf. Je höher also die ursprüngliche Wassertemperatur ist, desto weniger Kühlwasser darf eingeleitet werden – mit Folgen für die Leistungsfähigkeit des Kraftwerks.

Aus Mangel an Kühlwasser produzieren auch die Kraftwerke Neckarwestheim und Obrigheim in Baden-Württemberg weniger Strom. Eine Sprecherin der EnBW Kraftwerke AG räumte ein, dass die Wassertemperatur des Neckars zwischenzeitlich bereits über der zulässigen Höchstgrenze von 28 Grad gelegen habe.

Auch im Nachbarland Frankreich sorgt die Hitze für Probleme bei der Atomstromproduktion. So wurde das Reaktorgebäude des Kernkraftwerks im elsässischen Fessenheim bis Dienstag von außen mit Wasser besprüht. Die zusätzliche Kühlung wurde aber gestern unterbrochen. „Wir haben das Reaktorgebäude dreieinhalb Tage lang besprüht. Jetzt analysieren wir die Daten und überlegen, ob der Kühlversuch geglückt ist“, sagte eine Sprecherin. Wenn der Versuch erfolgreich sei, werde er in einigen Tagen fortgesetzt. Bei einer Temperatur von 50 Grad im Reaktorgebäude muss der Reaktor heruntergefahren werden. Ende letzter Woche war die Hitze im Reaktorgebäude auf bedrohliche 48,2 Grad gestiegen. Seit Freitag waren daher stündlich fünf Kubikmeter Grundwasser auf die Außenwände des Reaktorgebäudes gesprüht worden. Fessenheim produziert rund 80 Prozent des elsässischen und 2 Prozent des französischen Stromverbrauchs.

ANDREAS SPANNBAUER